Das Walmdach

Das Walmdach

Was haben die ägyptischen Pyramiden, ein Bauernhof in den Schweizer Alpen und ein romantisches Stadthaus in Dänemark gemeinsam? Sie sind sich architektonisch ähnlich, trotz der völlig unterschiedlich anmutenden Stile und Epochen, denn sie besitzen alle ein sogenanntes Walmdach. Diese international erfolgreiche Dachform hat geneigte Dachflächen, jedoch im Gegensatz zum Satteldach nicht nur auf der Traufseite, sondern auch auf der Giebelseite, sodass sie rundum abgeschrägt wirkt.

Die Dachfläche oberhalb der Giebelseite wird als der sogenannte “Walm“ bezeichnet und gibt dieser Dachform, die wie ein großer Hut wirken kann, ihren speziellen Namen. Mit Walmdächern schmücken sich seit alter Zeit zahlreiche Traditionsbauten im bäuerlich-agrarischen Gebiet, klassische Almhütten mitten im bergereichen Grün und geräumige Alpenhäuser, sowie aber auch modernere Stadtvillen im geschäftigen Dreiländereck Niederlande-Deutschland-Belgien sowie an vielen anderen Orten der Welt.

Das Walmdach hat auch in Deutschland, insbesondere im Süden und Nordwesten, viele Freunde unter den Bauherren und Immobilien-Investoren gefunden, da es aufgrund der Bauweise eine praktische, witterungsbeständige, stabile und den Verhältnissen entsprechend auch preiswerte Konstruktion ist. Welche Vorteile und Nachteile dieser „moderne Klassiker“ unter den Dachformen mit dem wandelbaren Auftritt im Einzelnen hat, erfahren Sie gleich im Überblick.

Was zeichnet das Walmdach aus?

Das Walmdach ist eine zwar historisch alte, aber recht komplexe Dachform, bei der die Dachflächen auf allen Seiten – Traufe und Giebel – eine Neigung haben. Das bedeutet, dass der Dachstuhl, anders als beim Satteldach, nicht einfach aus zwei Dachflächen mit Dachfirst am waagerechten Treff der Sparren besteht, sondern dass auch die Giebelseiten mit einer Neigung gegeneinander gestellt sind.

Dadurch ergibt sich im Dachstuhl eine an allen vier Seiten, Traufe und Giebel, geneigte Gerüstbauweise, auf der dann die Dacheindeckung und Isolierung angebracht wird. Ein vollständiger Walm ersetzt beim Walmdach den Giebel, die Wände schließen somit ringsum auf gleicher Höhe ab und ein rechteckiges Gebäude hat vier Dachflächen. Ein Walmdach hat immer einen Dachfirst, bei dem die aus Sparren gebildeten und oft mit Pfetten als Balken verstärkten Dachflächen zusammentreffen, so wie es auch beim einfacheren Satteldach der Fall ist; treffen jedoch die vier Dachflächen in einer gemeinsamen Spitze zusammen, spricht man richtiger statt von einem Walm von einem Zeltdach oder Pyramidendach.

Hier wird schon deutlich, dass diese variantenreiche Dachform große historische Vorbilder hat – und zugleich auch eine weite Verbreitung, denn das architektonisch und optisch so überaus wandelbare Dach hat schon längst seinen Siegeszug rund um die Welt angetreten. Woher es ursprünglich stammt und wo es heute überall verwendet wird, sehen wir gleich im Folgenden in der Geschichte des Walmdachs und seiner Beziehung zum heutigen modernen Hausbau.

Geschichte des Walmdachs

Da es sich bei dem Walmdach um eine sehr alte Dachform handelt, deren Ursprünge sich im Dunkel der Geschichte verlieren, gibt es keinen regelrechten „Entdecker“ dieser Dachform und keine besondere Stilrichtung vom Walm, die nach einer Person benannt wird, die besonders „angesagt“ war oder ist.

Eher wurde dieser kompakte und stabile Dachstuhl mit allseits abgeschrägten Dachflächen ursprünglich erbaut, um aus der Not eine Tugend zu machen und mit wenig Aufwand die maximale Stabilität zu erzielen und nebenbei die Witterungsbeständigkeit buchstäblich auf die Spitze zu treiben.

Deshalb ist das Walmdach in seiner klassischen Form auch in traditionellen, soziologisch eher ärmeren Gebieten mit von Generation zu Generation vererbter Landwirtschaft sehr beliebt als Dach vom Bauernhaus oder von der Scheune, und manches romantische Postkartenmotiv zeigt eben ein Gebäude mit einem solchen Dach vor den Bergen.

Doch auch moderne Bauunternehmen, Fertighausfirmen und Hausbauer von heute sehen sich die klassische Dachform mit dem Walm zunehmend häufiger als „Objekt der Begierde“ an, denn hier sind Stabilität, Komfort und Gemütlichkeit vereint. Daher kommen Häuser mit Walmdach immer häufiger auch in modernen Neubaugebieten vor, wo sie das Flair des Traditionellen mit dem Innovationsgeist von heute vereinen und beweisen, dass sich ein Klassiker beim Hausbau immer wieder bewähren kann.

Verbreitung

Das Walmdach ist aus Gegenden nicht wegzudenken, in denen ein raues Klima im Winter herrscht oder ein starker Wind weht, denn die spezielle Dachform hat den Vorteil, dass die Windlast abgefangen wird. So finden wir das Walmdach in seinen zahlreichen Varianten in Norddeutschland, in den Niederlanden, aber auch in Süddeutschland und in den Bayerischen und Schweizerischen Alpen bei den schönen Traditionsbauten und Bauernhöfen.

Es gibt auch Stadthäuser und ganze Häuserzeilen aus dem 18. Jahrhundert, zum Beispiel in Aachen, die ganz im Walmdach-Stil erbaut sind oder ein Krüppelwalmdach aufweisen, was sehr elegant wirken kann. Das Walmdach ist sowohl im ländlichen als auch im urbanen Gebiet eine Variante des Dachs, die nicht wegzudenken ist und zahlreiche Tests der Zeit bestanden hat, sowie immer noch die Geschmäcker erfüllt.

Varianten & Unterformen des Walmdachs

Gerade die Dachform Walmdach hat ausgesprochen viele Varianten, was zum einen auf die weite Verbreitung zurückzuführen ist, die viele regionale Gegebenheiten mit einfließen ließ, zum anderen auch auf das bauliche Geschick der Architekten, die sich immer etwas Neues einfallen ließen und lassen zum beliebten Thema „Dach mit allseits abgeschrägten Dachflächen“.

Dieses Thema mit Variationen lässt sich in der Architektur wunderbar variantenreich durchkomponieren und hat in der praktischen Bauweise folgende Spielarten, mit höherem oder niedrigerem Walm, mit sich gebracht:

  1. Das Pyramidendach wird auf einem Gebäude mit quadratischem Grundriss erbaut: alle vier Dachseiten sind gleichschenklige Dreiecke und laufen oben an der Spitze aufeinander zu.
  2. Das Zeltdach wird auf einem rechteckigen, nicht quadratischen Grundriss vom Haus erbaut, wobei die Dachflächen ebenfalls an der Spitze aufeinander zulaufen.
  3. Das Krüppelwalmdach hat zwei nicht ganz abgeschrägte Giebel, so dass der Walm sich nicht über die ganze Fläche der Giebelseiten erstreckt. Man spricht statt von Krüppelwalm auch von Schopfwalm oder Fußwalm.

Die Walmdächer unterscheiden sich hinsichtlich der Grundform des Gebäudes, auf dem sie aufgesetzt sind, und der Höhe des Walms. Hierbei wird in der Architektur unterschieden, ob das Haus perfekt polygonal ist, also ein quadratisches Polygon bildet, oder ob es ein Rechteck mit ungleich langen Seiten darstellt.

Auf eine quadratische Grundfläche vom Haus oder Turm lässt sich eine Pyramide als Walmdach aufsetzen, bei einer rechteckigen Grundform ist das jedoch nicht möglich und man spricht von einem sogenannten Zeltdach. Zuletzt gibt es die, sehr beliebte und stark verbreitete, Variante des Krüppelwalmdachs, die in Norddeutschland auch als „Kröpelwalmdach“ bezeichnet wird: hier wird der Walm nicht auf der ganzen Höhe der Giebelseiten durchgezogen, sondern nur in der oberen Hälfte oder gar im oberen Drittel.

So entsteht der Eindruck eines Hauses mit teilweise abgeschrägten Giebelseiten, was einen sehr aparten Anblick bieten kann, der bei Liebhabern klassischer Häuser und Villen beliebt ist und heute wieder starke Nachfrage nach ebendiesen Objekten weckt.

Kleine Kostenrechnung zum Walmdach

Was kostet ein Walmdach? Es ist grundsätzlich teuer als ein Satteldach, das schon mit rund 60 €/m² fertiggestellt werden kann, denn aufgrund des höheren Aufwands muss man beim Walmdach mit Kosten von zwischen 80-100 €/m² rechnen. Bei einer Dachfläche von 200 Quadratmetern, was einem großzügigen Einfamilienhaus oder Zweifamilienhaus entspricht, kommt man auf Kosten von rund 90 €/m², wobei natürlich die Qualität der Ausstattung, des Materials zur Dacheindeckung und zur Dämmung nochmals extra zu Buche schlagen können.

Berechnen wir im Folgenden das Beispiel einer einfachen Dacheindeckung und einer von der Preisseite her durchschnittlichen Handwerkerleistung, so kommen wir auf Kosten von über 40.000 EUR, wobei noch keine Fenster inkludiert sind.

KostenübersichtPreis
Dachstuhl18.000 EUR
Eindeckung14.000 EUR
Wärmedämmung12.000 EUR
Gesamt44.000 EUR

Nicht eigens erwähnt ist hier die Tatsache, dass ein Walmdach innerhalb von Unwettergegenden teurer ist – bis zu 120 €/m², denn hier muss die Stabilität des Pfettendachs zusätzlich verstärkt werden, was einen Mehraufwand an Arbeitszeit und Material bedingt. Somit wären wir in dieser speziellen Lage beim doppelten Quadratmeter-Preis eines einfachen Satteldachs, doch die hohe Stabilität der Konstruktion hat verdientermaßen ihren Preis.

Bei der obigen Kalkulation der Kosten fehlen zudem bauliche Extras wie Gauben, welche nochmals zum Preis hinzugerechnet werden müssten, sowie, wie bereits erwähnt, die Fenster. Hier spielt es eine Rolle, ob der Wohnraum direkt unter dem Walm überhaupt als solcher erschlossen werden soll oder nur als Speicher dient, denn wenn hier eine Art Geschoss entstehen soll, ist oft nur in der Mitte genug Raum auf Kopfhöhe, und die Wohnfläche verringert sich entsprechend – große, helle Fenster oder Giebelfenster (die nicht ganz günstig sind) wären dann zweckmäßig, um den Raum lichter und wohnlicher zu machen.

Vorteile und Nachteile des Walmdachs

Die Vorteile dieser Dachform sind ihr gestalterischer Varianten-Reichtum, denn ein Walmdach hat viele Gestaltungsmöglichkeiten und kann somit die unterschiedlichsten individuellen Bedürfnisse erfüllen. Ob man die Giebelseiten gänzlich mit Neigungswinkel versieht oder nur im oberen Teil (als Krüppelwalmdach), ist eine Geschmacksfrage, führt aber zu völlig unterschiedlichen optischen Ergebnissen.

Stabil ist ein Walmdach so gut wie immer: eine starke Konstruktion im Dachstuhl durch die allseits geneigten Dachflächen sorgt für eine kompakte, in sich greifende Architektur, die Wind und Wetter trotzen und viele Jahrzehnte überdauern kann. Ein weiterer Vorteil für Kostenbewusste ist, dass sich Fotovoltaik gut auf Dachflächen mit einem Grad von Neigung anbringen lässt. Auch von der Energiegewinnungsseite her ist das formschöne Walmdach mitunter die erste Wahl.

Ein Nachteil von einem Walmdach ist zum einen die Kostenseite, denn es ist beim Bauen fast immer teurer als das Satteldach – wer also nur auf den Preispunkt schaut, sollte sich für ein weitaus preiswerteres Dach entscheiden. Auch ist die Wohnfläche unter dem Dach bei einem Walm als Abschluss geringer, denn die an allen Seiten geneigten Dachflächen lassen nur wenig Raum, der Kopfhöhe hat.

Insofern ist der Traum vom Wohnen unter dem Dach in einem Haus mit Walmdach zwar grundsätzlich möglich, aber nur, wenn man zufällig eine Vorliebe für abgeschrägte Wände hat, denn ohne diese Vorliebe wird man dem luftigen Extra-Zimmer hoch oben nicht viel abgewinnen können.

Vorteile eines Walmdachs

  • Behagliche Optik
  • Stabile Konstruktion
  • Wind- und Wetterbeständigkeit
  • Ausrüstung mit Fotovoltaik gut möglich

Nachteile eines Walmdachs

  • Höhere Fertigungskosten
  • Weniger Wohnraum unter dem Dach
  • Lichteinfall unter dem Dach nur durch Fenster

Die Bauweise beim Walmdach

Wie unterscheidet ein Walmdach eigentlich architektonisch von den einfacheren Dachformen wie Satteldach und wie müssen wir uns das Bauen einer solchen Dachform vorstellen?

Das Walmdach wird architektonisch meist als ein Pfettendach ausgeführt: hierbei sind tragende Balken, sogenannte Dachpfetten, zur Stützung der Sparren im Dachstuhl angebracht, so dass die Konstruktion äußerst stabil und nach allen Seiten fest und beständig wird. Meist gibt es zudem eine Unterspannbahn aus Holz und eine Traglattung, auf der man die Dacheindeckung anbringt.

Eingedeckt werden kann ein Walmdach dann mit unterschiedlichen Materialien, von Ziegeln aus Ton oder Kunstmaterial bis hin zu Stroh oder Ried und anderen Naturmaterialien, was selbstverständlich für Naturfreunde auf der Suche nach dem Ursprünglichen einen ganz besonderen Vorteil darstellt.

Die Dämmung, die auch für Walmdächer gesetzlich vorgeschrieben ist, ist etwas schwieriger anzubringen aufgrund der Neigung der Dachflächen und je nach dem Grad des Winkels eine zusätzliche Balanceleistung für den Handwerker. Der Walm sieht bereits nach Fertigstellung stabil aus, doch die Gestaltungsmöglichkeiten sind mit der Grundform nicht zu Ende: zusätzlich können Gauben oder eine Loggia eingebaut werden, doch dies muss bei der Planung sofort von einem Architekten eingerechnet werden, damit die Statik passend ist.

Gut zu wissen

Wer sich für ein Walmdach entscheidet, erhält viel Optik zu einem Preis, der meist noch unter dem aufwändigeren Mansarddach liegt – das ist das große Argument für die meisten, die „eine Neigung für die Neigung“ haben. Die gesetzlich vorgeschriebene Dämmung des Walmdachs kostet ungefähr 60 €/m², wird aber im Lauf der Zeit wettgemacht durch die Energieersparnis, die durch optimale Isolierung entsteht.

Bei einem Walmdach gibt es also relativ hohe Baukosten oder Anschaffungskosten, bei sachgerechter Ausführung jedoch geringe Folgekosten und eine jahrelange Zufriedenheit. Das ist mehr als Geld wert – es ist ein Teil des gesunden Lebensgefühls.

Fazit

Das Walmdach ist ein internationaler Star unter den Dachformen, denn es wird weltweit – von Nordafrika über die Alpen bis in den hohen Norden – als krönender Abschluss des Hauses verwendet und ist auch aktuell wieder stark nachgefragt bei Bestandsimmobilien und Neubauten. Preislich pendeln sich die Kosten für ein Walmdach bei rund 100 €/m² Dachfläche ein, wobei natürlich Extras wie Gauben oder große Fenster hinzukommen.

Viele Hauskäufer entscheiden sich heute für das berühmte Dach mit dem Walm, weil es ausgesprochen witterungsbeständig, stabil und formschön ist und viel Sicherheit zu einem noch vernünftigen Preis-Leistungs-Verhältnis bietet.


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