Dachneigung berechnen – Formel, Messmethoden, Rechner

Warum Dachneigung wichtig ist (Wasser, Schnee, PV, Materialwahl)

Die Dachneigung entscheidet, wie zuverlässig dein Dach Wasser ableitet und wie gut es Schnee und Eis verkraftet. Je steiler das Dach, desto schneller fließt Regen ab – bei sehr flachen Dächern bleibt Wasser länger stehen, es drohen Undichtigkeiten und Algen. Schnee rutscht auf steileren Flächen leichter ab, während flache Dächer höhere Schneelasten aufnehmen müssen. Planst du Umbauten, neue Eindeckung oder Photovoltaik, führt an der exakten Neigung kein Weg vorbei.

Auch die Materialwahl hängt an der Neigung: Ziegel brauchen eine Mindestneigung, Trapezbleche funktionieren schon bei geringer Neigung, Bitumenbahnen sogar bei fast flachen Dächern – jeweils mit Hersteller-Vorgaben zu Überlappungen und Abdichtungen. Eine falsche Einschätzung führt schnell zu Reklamationen oder verkürzter Lebensdauer der Eindeckung.

Für Photovoltaik (PV) beeinflusst die Neigung den Jahresertrag. In Deutschland liegen Optimum und Praxis oft auseinander: 30–40° ist energetisch vorteilhaft, aber du nutzt letztlich die vorhandene Dachneigung oder flache Aufständerungen auf dem Flachdach. Die richtige Neigung sorgt außerdem für bessere Selbstreinigung der Module bei Regen.

Praktischer Tipp für kalte Regionen: Plane einen saisonalen Sicherheitszuschlag mit ein. Entweder wählst du 1–3° mehr Dachneigung oder du erhöhst Überlappungen und setzt Dichtbänder ein, damit Schmelzwasser und Eis an Stößen nicht eindringen. Das reduziert Winterprobleme deutlich.

Schnellmethoden (Online‑Rechner, Meterstab, App)

Wenn du die Dachneigung kurzfristig brauchst, helfen dir drei Wege: Online-Rechner, Meterstab-Trick oder Smartphone-App. Nutze am besten zwei Methoden und vergleiche die Ergebnisse – so erkennst du Messfehler früh.

Schritt‑für‑Schritt mit Meterstab

Der Meterstab liefert in Minuten eine erstaunlich genaue Neigung. Ziel ist, auf einer skizzierten Länge die Höhe abzulesen.

  • Schritt 1: Lege den Meterstab an der Traufe oder auf einer zugänglichen Dachfläche so an, dass 100 cm horizontal auf der Dachfläche liegen. Die 100 cm sind dein Messlauf (L). Wenn du nicht aufs Dach kannst, nutze den Giebel: Markiere am Ortgang eine horizontale Linie von 100 cm und miss die vertikale Höhe (H) am Ende dieser Strecke nach oben.
  • Schritt 2: Lies die senkrechte Höhe am Ende der 100 cm ab. Beispiel: 50 cm.
  • Schritt 3: Rechne die Neigung in Prozent: tan(α)×100 = H/L×100. Bei 50/100 = 0,5 entspricht das 50%.
  • Schritt 4: Rechne den Gradwert über arctan(H/L) aus. arctan(0,5) ≈ 26,6°. Prüfe das Ergebnis mit einem Online‑Rechner.

Falls 100 cm nicht möglich sind, nimm 50 cm oder 200 cm. Wichtig ist, dass du horizontal misst und die Höhe senkrecht dazu. Je länger die Strecke, desto genauer das Ergebnis.

Smartphone/Goniometer

Mit einer Neigungs-App (Goniometer) am Smartphone misst du direkt den Winkel. Lege das Gerät mit einer geraden Kante an Dachlatte, Modulschiene oder Ortgang an. Kalibriere vorher auf einer waagerechten Fläche. Vorteil: schnell, keine Rechnung. Nachteil: Hüllkanten, Dachziegel-Wellen und Hüllen können die Anzeige beeinflussen – halte das Smartphone stabil und mehrfach an.

Profi-Alternative ist ein digitaler Winkelmesser oder Laser: Du misst Level und Lot und lässt dir den Winkel direkt ausgeben. Das spart Rechenarbeit und erhöht die Wiederholgenauigkeit.

Drohne (Extra‑Tipp)

Mit einer Drohne erfasst du schwer zugängliche Dächer sicher vom Boden aus. Zwei Wege sind praktikabel:

  • Ein Foto im rechten Winkel zur Dachfläche: Zeichne im Bild eine horizontale Referenz (z. B. Traufe) und die geneigte Dachkante. Apps für „Foto‑Neigungsmesser“ erlauben dir, den Winkel im Bild zu bestimmen.
  • Fotogrammetrie: Schieße mehrere Luftbilder und verarbeite sie in einer kostenlosen App zu einem 3D‑Modell. Aus dem Modell liest du Neigungen und Längen ab. Beachte die Drohnenregeln (EU‑Offen-Kategorien, Abstände, Sichtflug) und hole ggf. Genehmigungen ein.

Die Kombination aus Drohnenbild und Online‑Rechner liefert dir schnell belastbare Werte, ohne das Dach zu betreten.

Mathematische Formel und Umrechnung

Die Dachneigung wird entweder in Grad (°) oder in Prozent (%) angegeben. Prozent bezieht sich auf das Verhältnis Höhe zu Länge (Steigung), Grad auf den Winkel zur Horizontalen. Beide Darstellungen sind austauschbar.

arctan(H/L) für Grad

Für Grad nimmst du die arctan-Formel. H ist die vertikale Dachhöhe, L die horizontale Dachtiefe.

  • Formel: α = arctan(H/L)
  • Beispiel: Ein H/L von 2/4 = 0,5 führt zu α = arctan(0,5) ≈ 26,57°.
  • Tipp: Bei kleinen Steigungen (unter 10°) sind Messfehler bei H stark spürbar. Miss daher möglichst lang (z. B. 200 cm) oder nutze Laser.

Wenn du nur den Grad‑Wert hast und die Steigung in Prozent brauchst, nimm die nächste Formel.

tan(α)×100 für Prozent

Für Prozent nutzt du den Tangens des Winkels:

  • Formel: Steigung in % = tan(α) × 100
  • Beispiel: tan(26,57°) × 100 ≈ 50%.

Umgekehrt: Wenn du die Prozentneigung kennst, holst du dir α über arctan(%). Teile die Prozentzahl dafür durch 100, bevor du den arctan nutzt. 50% → 0,5 → arctan(0,5) ≈ 26,6°.

Extrapraktisch für’s Kopfgefühl: 10° ≈ 17,6%, 15° ≈ 26,8%, 22° ≈ 40,4%, 30° ≈ 57,7%, 45° = 100%.

Messanleitung vor Ort

Du brauchst zwei Maße: die vertikale Dachhöhe H und die horizontale Dachtiefe L. Daraus bekommst du die Dachneigung – und bei Bedarf auch die Sparrenlänge.

Dachhöhe ermitteln

Die Dachhöhe ist der Höhenzuwachs auf einer horizontalen Messstrecke. Leichter geht’s mit einem Laserentfernungsmesser oder mit einem langen Richtscheit.

  • Schritt 1: Markiere an der Traufe eine horizontale Bezugslinie. Das kann die Oberkante einer Latte oder eine gespannte Schnur sein.
  • Schritt 2: Messe entlang der Dachfläche 100 cm oder 200 cm und zeichne dort einen Punkt an.
  • Schritt 3: Messe die senkrechte Höhe zwischen Anfangspunkt und dem neuen Punkt. Das ist H für deine Strecke L.
  • Schritt 4: Keine Dachzugänglichkeit? Vermiss den Giebel vom Boden: Miss die Höhe vom Traufpunkt bis zur gedachten Linie nach 1,00 m horizontal am Ortgang. Eine Wasserwaage oder Laser‑Nivelliergerät hilft, die horizontale Strecke präzise zu definieren.

Profi-Option: Mit einem Kreuzlinienlaser projizierst du eine horizontale Linie und misst die Differenzhöhe an der Dachkante.

Dachtiefe ermitteln

Die Dachtiefe L ist die horizontale Projektion vom Traufpunkt zur gedachten Messstelle. Verwechsle das nicht mit der schrägen Sparrenlänge.

  • Schritt 1: Definiere deine Messstrecke (z. B. 100 cm) technisch exakt als horizontal. Ein langes Richtscheit oder ein Laser hilft, Schiefstellungen zu vermeiden.
  • Schritt 2: Für die gesamte Dachhälfte (z. B. vom First bis Traufe) miss die horizontale Tiefe des Hauses abzüglich Überstände. Zeichnungen (Bestandsplan), Google‑Messung und ein Maßband entlang der Außenwand geben dir einen guten Näherungswert.
  • Schritt 3: Willst du die Sparrenlänge, rechne s = √(H² + L²). So bekommst du die schräge Länge z. B. für Schneefanggitter oder PV‑Schienen.

Sicherheit beim Messen

Auf dem Dach gilt: Sicherheit vor Geschwindigkeit. Schon wenige Meter Höhe sind riskant.

  • Schritt 1: Nutze rutschfeste Schuhe, Sicherung (Gurt/Leine) und idealerweise ein Gerüst. Kein Betreten bei Nässe, Eis, Sturm.
  • Schritt 2: Arbeite möglichst vom Boden oder aus dem Dachfenster. Laser und Fernglas vermeiden Kletterei.
  • Schritt 3: Markierungen nur an festen, tragenden Teilen setzen – nichts auf Ziegelkanten, damit nichts bricht.
  • Schritt 4: Bist du unsicher? Beauftrage einen Fachbetrieb. Die Kosten sind kleiner als ein Sturzrisiko oder beschädigte Eindeckung.

Mindestneigungen nach Material (Tabelle)

Mindestneigungen sind hersteller- und systemabhängig. Die Angaben hier sind typische Richtwerte für eine erste Einschätzung – prüfe vor Kauf immer das Datenblatt, denn Zusatzmaßnahmen (Unterdach, Dichtbänder, größere Überlappungen) können die Mindestneigung senken.

Metall

Stehfalz‑Metalldächer (z. B. Titanzink, Alu) funktionieren oft ab ca. 3–7°. Bei 3–5° sind dichtungsunterstützte Falze oder spezielle Falzhöhen erforderlich. Bei höheren Neigungen sind Standardfalze ausreichend. Blechbahnen mit Doppelstehfalz sind besonders regensicher.

Trapez

Trapezbleche werden häufig ab 3–5° verlegt. Geringere Neigungen erfordern größere Überdeckungen und Dichtbänder; die Entwässerung über Längsstöße ist kritisch. Achte auf Ablaufwege und vermeide stehendes Wasser an Sickenüberlappungen.

Ziegel

Tondachziegel und Betondachsteine brauchen je nach Profil 16–30°. Viele Modelle dürfen ab ca. 22° ohne Zusatzmaßnahmen verlegt werden. Mit Unterspannbahn/Unterdach und verklebten Überdeckungen sind 16–20° möglich. Unterhalb davon sind alternative Eindeckungen sinnvoller.

Lichtplatten

Lichtplatten aus Polycarbonat oder PVC (Trapez-/Wellprofile) empfehlen meist mindestens 7–10°. Darunter steigt das Risiko von Rückstau und Undichtigkeiten an Schraubpunkten. Verwende passende Dichtscheiben und achte auf thermische Ausdehnung.

Gründach

Extensive Gründächer funktionieren auf Flachdächern mit Gefälle von mindestens 2% (≈1,1°). Bei weniger Gefälle sind besondere Maßnahmen zur Entwässerung nötig. Oberhalb von ca. 5–15° sind Schub- und Erosionssicherungen erforderlich; intensive Begrünung stellt höhere Anforderungen.

Dachneigung für Photovoltaik

Für PV in Deutschland liegt der Ertrags‑Sweetspot oft bei 30–40° mit Südausrichtung. Aber: Moderne Module liefern auch bei 15–25° sehr gute Jahreswerte, und auf Flachdächern hat sich eine Aufständerung mit 10–15° etabliert, weil Windlast, Verschattung und Reihenabstände dadurch günstiger werden. Bei Ost/West‑Anlagen auf dem Flachdach sind 10–12° üblich – das liefert breite Ertragskurven über den Tag.

Wichtiger als die „perfekte“ Neigung ist die verschattungsfreie Ausrichtung in Haupt-Ertragszeiten. Bei steileren Neigungen verbessert sich die Selbstreinigung (Schmutz und Schnee), bei zu flachen Winkeln kann regelmäßiges Nachreinigen nötig sein. Bei Schneeregionen lohnt ein kleiner Sicherheitszuschlag bei der Modulneigung oder die Wahl einer Reihe, die freirutschen kann.

Prüfe statische Reserven: Höhere Neigung steigert oft die Wind- und Soglasten. Auf Flachdächern vermeidest du Durchdringungen mit ballastierten Systemen; dabei erhöht mehr Neigung den Ballastbedarf. Plane Kabelwege so, dass Tropfwasser nicht in Dachdurchführungen laufen kann.

Häufige Fehler & Prüfcheckliste

Die meisten Probleme entstehen durch Messfehler oder fehlende Zusatzmaßnahmen. Mit dieser kompakten Liste vermeidest du die Klassiker:

  • Messstrecken nicht horizontal gewählt: immer mit Wasserwaage/Laser arbeiten und die Höhe senkrecht abgreifen.
  • Nur einen Messpunkt genommen: mehrfach messen, Mittel bilden und mit einem Online‑Rechner gegenprüfen.
  • Grad und Prozent verwechselt: 45° sind 100%, nicht 45%.
  • Hersteller‑Mindestneigung ignoriert: Datenblatt lesen und Zusatzmaßnahmen (Unterdach, Dichtbänder, Überlappung) einplanen.
  • Zu kurze Messstrecke: lieber 200 cm als 50 cm – Fehler verringern sich relativ.
  • Dachüberstände falsch in die Dachtiefe eingerechnet: horizontale Projektion der tragenden Ebene zählen, nicht die Traufschalung.
  • Sicherheitsaspekte unterschätzt: nur bei trockenem Wetter, mit Sicherung und ohne Glas-/Lichtkuppeln betreten.
  • PV‑Ausrichtung übersehen: Neigung ohne Blick auf Schatten (Schornstein, Gaube, Bäume) optimiert am Ziel vorbei.

Praxisbeispiele & Beispielrechnung

Beispiel 1: Satteldach am Einfamilienhaus
Du misst am Ortgang 200 cm horizontal. Am Ende liest du 100 cm Höhe ab. Damit ist H/L = 1,0. Der Winkel ist α = arctan(1,0) = 45°. Die Prozentneigung beträgt 100%. Für eine PV‑Belegung heißt das: exzellente Selbstreinigung, aber erhöhte Windlasten; Modulleisten und Befestigungen müssen entsprechend dimensioniert sein.

Beispiel 2: Garage mit Trapezblech
Du legst den Meterstab 100 cm an und liest 5 cm Höhe ab. H/L = 0,05. α = arctan(0,05) ≈ 2,86°, das sind ca. 5%. Trapezblech kann das oft abdecken, aber nur mit korrekter Überlappung und Dichtbändern. Bei Starkregen solltest du Querströme vermeiden, Ablaufwege frei halten und Dachdurchdringungen besonders abdichten. Ein saisonaler Zuschlag von +1–2° würde die Entwässerung verbessern, falls die Konstruktion das zulässt.

Beispiel 3: Photovoltaik auf Flachdach
Du planst Ost/West-Aufständerung mit 12°. In Prozent: tan(12°)×100 ≈ 21%. Die niedrige Neigung hält den Ballastbedarf moderat und verschattet Reihen weniger. In Schneeregionen planst du Schubbegrenzungen und prüfst die Tragreserve der Decke. Für die Kabelführung wählst du den tropfwasserfreien Bogen nach unten und arbeitest mit Dachdurchführungen, die auf den Flachdachaufbau abgestimmt sind.

Beispiel 4: Sparrenlänge berechnen
Du hast H = 2,00 m und L = 4,00 m für eine Dachhälfte ermittelt. Die Sparrenlänge s ist s = √(H² + L²) = √(4 + 16) = √20 ≈ 4,47 m. Der Winkel ist α = arctan(2/4) ≈ 26,6°. Für Ziegel könnte das mit Unterdach passen; prüfe das konkrete Profil und die Montagevorgaben.

Beispiel 5: Drohne und App kombiniert
Du fotografierst die Dachfläche senkrecht an, misst im Foto 100 Pixel horizontal und 45 Pixel vertikal – Verhältnis 0,45. α = arctan(0,45) ≈ 24,2°. Vor Ort kontrollierst du mit einer App am Ortgang: 24–25°. Abweichung <1° – gut genug für Planung und Materialanfrage. Die finale Ausführung lässt du vom Dachdecker mit einem digitalen Winkelmesser bestätigen.

Beispiel 6: Flaches Carportdach
Gemessen sind 2% Gefälle (≈1,15°). Für Lichtplatten ist das kritisch. Du entscheidest dich für ein Bitumen‑Flachdachsystem mit Gefälledämmung auf 2–3% und planst einen Notüberlauf. Ergebnis: geringere Pfützenbildung und längere Lebensdauer.

Download: Messformular / Anfragevorlage (Extra‑Tipp)

Damit du Messwerte, Fotos und Materialwünsche sauber an einen Dachdecker oder Solarteur schicken kannst, nutze ein ausfüllbares Messformular. Das Formular führt dich durch alle Pflichtangaben: Adresse, Dachform, Maße für H und L, Randbedingungen (Schnee-/Windzone), Eindeckung, gewünschte Material- oder PV‑Optionen, Fotos mit Maßstab sowie dein Ziel (z. B. „Dachneigung berechnen und Trapezblech prüfen“).

Extra‑Tipp: Ergänze einen QR‑Code, der dich direkt zu einem Online‑Formular führt. Dort lädst du Bilder hoch, trägst die H/L‑Maße ein und die App rechnet automatisch Grad und Prozent. Optional sendet sie die Anfrage mitsamt GPS‑Koordinaten an deinen Betrieb. So vermeidest du Rückfragen und erhältst schneller ein passgenaues Angebot.

Diese Kombination aus klarer Messanleitung, einfacher Umrechnung und präziser Dokumentation macht die Dachneigung für dich praktisch nutzbar: Du triffst die richtige Materialwahl, planst Photovoltaik mit realistischen Werten und gibst deinem Handwerksbetrieb genau die Daten, die er für eine sichere Ausführung braucht.

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