Flurkarte einfach erklärt: Auszug, Kosten, Online
1. Was ist eine Flurkarte?
Definition
Die Flurkarte ist die amtliche, maßstäbliche Karte des Liegenschaftskatasters. Sie zeigt jedes einzelne Grundstück (das „Flurstück“) mit seinen Grenzen, Flurstücksnummern, Gebäuden und weiteren topographischen Elementen. Manchmal hörst du auch die Bezeichnung „Liegenschaftskarte“ – es handelt sich um denselben Kartentyp, heute in Deutschland in das einheitliche Datenmodell ALKIS (Amtliches Liegenschaftskataster-Informationssystem) überführt. Die Flurkarte bildet die geometrische Grundlage, auf die sich Grundbuch, Bauordnungsrecht und Grundsteuerbewertungen stützen.
Wichtig ist: Die Flurkarte ist nicht nur eine grafische Darstellung, sondern ein amtlich geführter Datenbestand mit Attributen (z. B. Rechtszustand einer Grenze oder Bodennutzung). Sie ordnet jedes Flurstück eindeutig einer Gemarkung, einer Flur und einer Flurstücksnummer zu. Du kannst daraus ablesen, wo genau dein Grundstück liegt, wie es geformt ist und welche Gebäude offiziell verzeichnet sind. Diese „amtliche Sicht“ hilft dir, fundierte Entscheidungen beim Immobilienkauf, Bauvorhaben oder der Finanzierung zu treffen.
Unterschied zu Grundbuch und Schätzungskarte
Die Flurkarte und das Grundbuch sind zwei Seiten derselben Medaille – aber mit klaren Rollen. Die Flurkarte liefert die Geometrie: Lage, Umrisse, Grenzen und Nummerierung. Das Grundbuch führt dagegen die Rechte und Lasten: Eigentümer, Hypotheken, Dienstbarkeiten. Wenn du wissen willst, wie eine Grenze verläuft, schaust du in die Flurkarte; wenn du wissen willst, wem das Grundstück gehört oder ob eine Grundschuld besteht, brauchst du den Grundbuchauszug.
Die Schätzungskarte – oft als „Bodenschätzungskarte“ in der Landwirtschaft – ist ein ganz anderer Typ. Sie zeigt keine rechtsverbindlichen Grenzen, sondern bewertet Böden nach Qualität, Ertragsfähigkeit oder Nutzungseignung. Während die Flurkarte geometrische Genauigkeit und Grenzinformationen liefert, dient die Schätzungskarte vor allem bewertungsbezogenen Fragestellungen (z. B. landwirtschaftliche Bodenbonität). Verwechsele daher niemals eine Flurkarte mit einer Schätzungskarte, wenn es um Grenzverläufe oder Bauanträge geht.
Historie kurz
Historisch stammt die Flurkarte aus der Zeit der Katastervermessung, die in vielen deutschen Regionen bereits im 19. Jahrhundert systematisch eingeführt wurde. In Preußen, Bayern und anderen Staaten entstanden frühe Liegenschaftskataster, die die Grundlage für Steuererhebung und Eigentumssicherung waren. Später wurde die Automatisierte Liegenschaftskarte (ALK) als digitale Karte entwickelt. Heute sind ALK und das Liegenschaftsbuch im modernen ALKIS zusammengeführt. Dieser Schritt brachte einheitliche Datenmodelle, digitale Prozesse und die Möglichkeit, Flurkarten über Geoportale online einzusehen – ein großer Fortschritt für Bürger, Planer und Verwaltungen.
2. Wofür wird die Flurkarte gebraucht?
Grundbuch, Immobilienkauf, Bauantrag, Grundsteuer, Grenzklärung
Die Flurkarte ist das Schweizer Taschenmesser in Grundstücksfragen. Beim Immobilienkauf brauchst du sie, um Lage, Zuschnitt und Bebauung zu prüfen. Passt die Grundstücksform zum geplanten Gartenhaus? Gibt es Anbauten, die nicht eingezeichnet sind? Solche Hinweise erkennst du in der Flurkarte frühzeitig und kannst gezielt nachfragen. Für den Notartermin dient ein aktueller Flurkartenauszug als eindeutige Lagegrundlage, wenn Flurstücksnummern und Grenzverläufe im Kaufvertrag benannt werden.
Im Bauantrag ist die Flurkarte häufig Teil der Unterlagen – meist als „Auszug aus der Liegenschaftskarte“. Beachte jedoch, dass viele Bauämter zusätzlich einen „amtlichen Lageplan“ verlangen, den ein Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur erstellt. Der Lageplan enthält neben der Flurkarte weitere Elemente wie Höhen, Grenzmaße, Bebauungsplanbezüge und Nachbarinformationen. Die Flurkarte allein reicht dann nicht, ist aber der Grundbaustein.
Bei der Grundsteuerreform ist das Liegenschaftskataster die geometrische Basis. Aus der Flurkarte und den ALKIS-Daten ergeben sich Flächen, Nutzungen und Gebäudeangaben, die in die Grundsteuerbewertung einfließen. Auch bei Grenzstreitigkeiten dient die Flurkarte als erste Orientierung – etwa um zu prüfen, ob der Zaun dem Grenzverlauf grob entspricht. Rechtsverbindlich wird es aber oft erst mit einer Vermessung oder Grenzfeststellung.
Für die Finanzierung nutzt die Bank häufig einen aktuellen Flurkartenauszug, um das Sicherungsobjekt zu lokalisieren, Flurstücksnummern korrekt anzuführen und Bewertungsrisiken zu reduzieren. Ein sauberer Auszug schafft Klarheit – auch, wenn mehrere Teilflächen betroffen sind oder eine Grunddienstbarkeit (z. B. Wegerecht) eingetragen werden soll.
Praxisnahes Beispiel: Du willst ein Eckgrundstück kaufen und planst einen Carport. Die Flurkarte zeigt, dass die Grundstücksfront zur Nebenstraße kürzer ist als angenommen und ein Gebäude bereits sehr nahe an der Grenze steht. Zusammen mit dem Bebauungsplan erkennst du mögliche Abstandsflächenprobleme, bevor du Angebote einholst. So sparst du Zeit und teure Umplanungen.
3. Flurkarte lesen
Legende und Symbole
Beim Lesen einer Flurkarte hilft dir die Legende – in Online-Viewer oft als einblendbares Fenster, in Papierauszügen am Rand. Du findest dort die Darstellung von Grenzen, Gebäuden, Flurstücksnummern, Gewässern und Verkehrsflächen. Gebäudeflächen werden üblicherweise als geschlossene, leicht gefüllte Polygone dargestellt; Grenzen als Linien, teils mit Symbolik für unterschiedliche Rechtsstände.
Neben klassischen Signaturen gibt es in ALKIS Zusatzinfos: Etwa ob eine Grenze „amtlich festgestellt“ ist oder aus älteren Unterlagen übernommen wurde. Manche Geoportale blenden Überlagerungen ein, zum Beispiel Luftbilder oder Bebauungspläne. Das hilft dir, Karte und Realität übereinander zu legen. Wenn Luftbild und Flurkarte abweichen (z. B. ein Wintergarten im Luftbild, der in der Karte fehlt), deutet das auf einen nachträglichen Bau hin, der eventuell noch nicht im Kataster nachgeführt wurde.
Ein Tipp für dein Auge: Lies die Karte von „groß nach klein“. Zuerst die Gemarkung und Flur, dann die Flurstücke und erst am Ende Gebäude und Details. So vermeidest du, dich im Symbolwald zu verlieren.
Flurstücksnummern, Maßstab, Grenzarten
Die Flurstücksnummer ist die eindeutige Kennung eines Grundstücks im Kataster. Sie setzt sich aus Gemarkung, Flur und Flurstücksnummer zusammen, beispielsweise „Gemarkung Musterstadt, Flur 12, Flurstück 345/2“. Der Schrägstrich steht für eine Abspaltung/Teilung aus einem Ursprungsflurstück. Diese Nummer findest du direkt in der Karte im entsprechenden Polygon. Schreib sie unverändert ab – Ziffernverdreher führen schnell zu falschen Abfragen.
Der Maßstab gibt an, wie stark die Realität auf dem Papier verkleinert ist. Gängig sind 1:500, 1:1000 oder 1:2000. Je größer der Maßstab (z. B. 1:500), desto detailreicher die Darstellung. Miss niemals Grenzmaße mit dem Lineal aus einem kleinen Maßstab heraus – das führt zu Fehlinterpretationen. Offizielle Grenzmaße ergeben sich aus den Katasterkoordinaten und Vermessungsprotokollen, nicht aus einer visuellen Schätzung.
Grenzarten: In ALKIS/Flurkarten gibt es unterschiedliche Zustände. Häufig ist eine Grenze „festgestellt“ (durch Vermessung mit Abmarkung), „abgemarkt“ (mit Grenzzeichen versehen) oder „nur grafisch“ (z. B. bei älteren Beständen). In der Karte können diese Zustände durch Linienstile oder Attribute kenntlich sein. Für dich bedeutet das: Ein gestrichelter Grenzverlauf oder ein Hinweis „ungeklärt“ mahnt zur Vorsicht – im Zweifel klärt eine amtliche Vermessung den exakten Verlauf.
Bodennutzung und Gebäudedaten
In vielen Regionen zeigt die Flurkarte bzw. ALKIS auch die Bodennutzung (z. B. Wohnbaufläche, Landwirtschaft, Wald) und die Funktion von Gebäuden (z. B. Wohnhaus, Nebengebäude). Das ist hilfreich, wenn du wissen willst, ob eine Fläche bereits als Verkehrsfläche gewidmet ist oder ob die kartierte Nutzung mit der realen Betriebsart übereinstimmt. Achte auch auf Gebäudekanten und Anbauten: Stimmen sie mit dem überein, was im Luftbild zu sehen ist?
Diese Attribute sind kein Ersatz für planungsrechtliche Festsetzungen. Ob du bauen darfst, entscheidet der Bebauungsplan bzw. die Bauleitplanung – nicht die Flurkarte. Aber die Karte zeigt dir, welche Strukturen das Kataster kennt und ob ein Gebäude überhaupt als solches erfasst ist. Bei Diskrepanzen lohnt sich der Blick ins Bauaktenarchiv oder die Nachfrage beim Katasteramt.
4. Flurkartenauszug bekommen
Online‑Geoportale und ALK/ALKIS
Fast alle Bundesländer bieten Geoportale, in denen du die Flurkarte als ALKIS-Layer ansehen und oft auch Auszüge herunterladen kannst. Manche Portale heißen Geoportal „X“ (z. B. eines Landes), in NRW etwa „TIM-online“. Dort kannst du Flurstücke über Adresse, Kartenklick oder Flurstücksnummer suchen. Die Karten lassen sich zoomen, drucken und als PDF exportieren. In vielen Fällen ist die reine Ansicht kostenfrei; für offizielle Auszüge fallen Gebühren an.
So gehst du pragmatisch vor:
- Schritt 1: Suche das Landes- oder Kreis-Geoportal (z. B. über „Flurkarte online einsehen [dein Bundesland]“). Achte auf das offizielle Angebot, nicht auf kostenpflichtige Drittseiten ohne Mehrwert.
- Schritt 2: Wähle den Layer „Liegenschaftskarte/ALKIS“. Blende bei Bedarf Luftbilder ein, um die Lage zu verifizieren.
- Schritt 3: Suche per Adresse oder Flurstücksnummer. Prüfe die Gemarkung/Flur in der Anzeige, um Verwechslungen zu vermeiden.
- Schritt 4: Nutze die Druck- oder Exportfunktion. In der Regel kannst du DIN-Formate (A4–A0), Maßstab und Legende wählen.
- Schritt 5: Willst du einen amtlichen, beglaubigten Auszug, folge dem Link „Auszug beantragen“ oder wende dich an das Katasteramt.
Je nach Portal kannst du zusätzlich WMS/WFS-Dienste abrufen (dazu mehr im Kapitel „Digitale Nutzung & GIS“). Für eine bank- oder behördentaugliche Unterlage empfiehlt sich der offizielle Auszug mit Kennzeichnung von Quelle, Datum und, falls nötig, Beglaubigungsvermerk.
Katasteramt persönlich oder per Antrag
Du kannst deinen Flurkartenauszug auch direkt beim zuständigen Kataster- bzw. Vermessungsamt anfordern – persönlich, per E-Mail oder über Online-Formulare. Das Amt benötigt üblicherweise die genaue Bezeichnung des Flurstücks (Gemarkung, Flur, Flurstücksnummer) oder die postalische Lagebeschreibung. Nenne den Verwendungszweck („für Bauantrag“, „für Finanzierung“) – dann wählt die Sachbearbeitung gleich das passende Format.
Viele Ämter bieten auch eine beglaubigte Variante an, bei der der Auszug mit Stempel und Unterschrift versehen wird. Wenn du mit Notar, Bank oder Gericht arbeitest, lohnt sich eine vorherige Rückfrage, ob ein unbeglaubigter PDF-Ausdruck reicht oder eine beglaubigte Flurkarte gefordert ist. Für Bauanträge ist oft der „amtliche Lageplan“ Pflicht; das ist mehr als nur ein Flurkartenauszug und muss von einem Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur erstellt werden.
Bei persönlichen Vorsprachen nimm einen Ausweis mit. Für Anträge per E-Mail helfen dir Screenshots aus dem Geoportal, um Missverständnisse bei der Lage zu vermeiden. Plane ein paar Werktage Bearbeitungszeit ein, vor allem bei beglaubigten Auszügen oder großformatigen Plänen.
Kosten, Formate, Beglaubigung
Die Kosten für einen Flurkartenauszug variieren je nach Bundesland, Format und Beglaubigung. Typische Spannen liegen zwischen 12 und 60 Euro. Einfache PDF-Auszüge im DIN‑A4- oder A3-Format sind günstiger; großformatige Pläne (A1, A0) oder beglaubigte Auszüge kosten mehr. Die Ansicht in Geoportalen ist häufig gratis, ersetzt aber keinen amtlichen Auszug.
Zu den Formaten: Üblich sind PDF (für Ausdruck und digitale Akten), PNG/TIFF für Rasterabbilder und bei Datenbestellungen auch CAD/GIS-Formate. Achte auf den gewünschten Maßstab (1:500, 1:1000 etc.), damit Details lesbar sind. In beglaubigten Auszügen findest du Stempel, Ausgabedatum und die Dienststelle. Für digitale Anträge ist die Zahlung oft per E‑Payment oder Gebührenbescheid geregelt. Hebe Beleg und Datei gut auf – Banken und Behörden fragen gelegentlich nach einer frischen Ausgabe (z. B. jünger als drei Monate).
5. Digitale Nutzung & GIS
Datenformate (PDF, GeoTIFF, Shape, ALKIS‑DXF)
Wenn du die Flurkarte in CAD oder GIS weiterverarbeiten willst, brauchst du geeignetes Datenmaterial. Für reine Darstellung und Ausdruck ist PDF ideal. Willst du Rasterdaten in hoher Auflösung in ein GIS laden, ist GeoTIFF die Wahl: Georeferenzierte Raster mit korrektem Koordinatensystem.
Für Vektorverarbeitung sind Shapefile (SHP) und ALKIS‑DXF gängig. Shapefiles tragen Geometrien und Attributtabellen (z. B. Flurstücksnummern, Nutzungen) und lassen sich in QGIS, ArcGIS und vielen anderen Programmen nutzen. ALKIS‑DXF ist für CAD-Workflows gedacht, enthält Ebenenstrukturen (Layer) für Grenzen, Gebäude, Texte und lässt sich in AutoCAD, BricsCAD oder Allplan öffnen. Prüfe beim Import, ob die Schriftgrößen/Layerfarben sinnvoll erscheinen; manchmal ist ein Stylesheet oder ein Layer-Mapping hilfreich.
Moderne Workflows nutzen auch GeoPackages (GPKG) oder PostGIS-Datenbanken, in die ALKIS-Bestände importiert werden. Das ermöglicht Abfragen wie: „Zeige alle Flurstücke mit Gebäude in Baugebiet XYZ“ oder räumliche Überlagerungen mit Bebauungsplänen, Luftbildern und historischen Karten. Falls du nur schnell Flächen messen möchtest, reichen die Messwerkzeuge der Landes-Geoportale – aber für amtliche Maße ist der Auszug bzw. eine Vermessung maßgeblich.
WMS/WFS, EPSG‑Codes, TIM‑online/Geoportale
Für die dynamische Einbindung der Flurkarte in dein GIS gibt es Webdienste:
- WMS (Web Map Service) liefert Kartenbilder. Du bekommst stets die aktuellsten Darstellungen der Liegenschaftskarte, ohne Daten lokal zu speichern. Ideal, wenn du die Flurkarte nur als Hintergrundkartierung brauchst.
- WFS (Web Feature Service) liefert die Vektordaten selbst, inklusive Attribute. Damit kannst du Flurstücksnummern abfragen, Geometrien selektieren oder in Projekten weiterverarbeiten.
Beim Einbinden ist das Koordinatensystem entscheidend. In Deutschland ist ETRS89/UTM verbreitet, häufig EPSG:25832 (Zone 32N) oder EPSG:25833 (Zone 33N). Manche Dienste bieten zusätzlich Web Mercator (EPSG:3857) für Webkarten oder ältere Systeme wie DHDN/Gauß-Krüger (z. B. EPSG:31467). Wenn Flurkarte und Luftbild um einige Meter versetzt sind, ist fast immer das falsche EPSG eingestellt.
Beispiel QGIS: Lege das Projekt auf EPSG:25832 fest, füge den WMS der Liegenschaftskarte deines Landes hinzu (z. B. über TIM‑online in NRW oder über das Landesgeoportal). Nutze WFS nur, wenn du wirklich Features brauchst – WFS ist netzwerkintensiver und kann bei großen Abfragen langsam sein. Prüfe bei Exporten (DXF, Shapefile), ob du das Koordinatensystem mitspeicherst. Nur so liegen deine Flurstücksdaten in CAD/GIS später exakt.
Viele Portale bieten neben ALKIS-Layern auch Bebauungspläne, Schutzgebiete, Denkmäler oder historische Karten als WMS. Ein Abgleich der Flurkarte mit historischen Luftbildern hilft, mögliche Altlasten oder frühere Nutzungen (ehem. Deponie, aufgefüllte Gräben) zu erkennen – ein wertvoller Frühwarn-Indikator vor dem Grundstückskauf.
6. Grenzstreit und Vermessung
Wann Vermessung nötig ist
Ein Blick in die Flurkarte reicht, um die Lage grundsätzlich zu verstehen – aber bei strittigen Grenzen, geplanten Zäunen, Anbauten oder Teilungen führt kein Weg an einer Vermessung vorbei. Wenn du dir unsicher bist, ob der vorhandene Zaun auf der Grenze steht, wenn Nachbarn unterschiedliche Auffassungen haben oder wenn du eine Teilfläche verkaufen willst, ist eine Grenzfeststellung bzw. Zerlegungsvermessung erforderlich.
Auch bei Bauvorhaben, die die Abstandsflächen ausreizen, empfiehlt sich eine Vermessung. Der amtliche Lageplan zum Bauantrag wird von einem Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur erstellt und basiert auf den Katasterdaten plus örtlicher Aufmessung. Dabei werden Grenzpunkte vor Ort gesucht, ggf. ergänzt oder erneuert (Abmarkung), und in einer Grenzniederschrift dokumentiert. Nur dieses Verfahren schafft Rechtssicherheit, die über die reine Karte hinausgeht.
Typischer Hinweis aus der Praxis: Wenn in der Flurkarte die Grenzlinie nicht exakt mit offensichtlichen Geländemerkmalen (Mauer, Hecke) übereinstimmt, nimm das ernst. Solche Abweichungen bedeuten nicht automatisch, dass der Zaun falsch steht – aber sie sind ein Signal, professionell zu prüfen, bevor du baust oder teuer investierst.
Ablauf und Kosten
Eine Vermessung beginnt mit der Beauftragung eines Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs (ÖbVI) oder der zuständigen Vermessungsbehörde (je nach Bundesland). Du vereinbarst den Zweck (Grenzfeststellung, Zerlegung, Gebäudeeinmessung), erhältst ein Angebot, und es wird ein Vermessungstermin vor Ort vereinbart. Der Vermesser greift auf das Katasterarchiv zu, sucht vorhandene Grenzpunkte, misst neue Punkte ein und fertigt eine Grenzniederschrift an. Beteiligte Nachbarn werden zum Grenztermin geladen, um den Grenzverlauf gemeinsam festzustellen.
Die Kosten sind abhängig vom Wert des Grundstücks, der Länge der betroffenen Grenze, der Anzahl der Grenzpunkte und den Gebührenordnungen der Länder. Rechne grob mit einigen hundert Euro für einfache Grenztermine bis zu mehreren tausend Euro für komplexe Zerlegungen oder Abmarkungen inklusive amtlicher Fortführung im Kataster. Für Bauvorhaben kommen Kosten für den amtlichen Lageplan hinzu. Die Investition lohnt sich: Eine sauber geklärte Grenze verhindert Rechtsstreit und Nacharbeiten.
Wenn du nur eine Orientierung möchtest, nutze die Messwerkzeuge der Geoportale – aber behalte im Hinterkopf: Solche Messungen sind nicht rechtsverbindlich. Für präzise Grenzmaße zählt die amtliche Vermessung. Dokumente wie die Grenzniederschrift werden anschließend ins Kataster zurückgespielt, damit die Flurkarte aktuell bleibt.
7. Praxisfälle & Checkliste
Immobiliendeal, Bauvorbereitung, Finanzierung
Fall 1: Der Immobiliendeal. Du hast ein Bestandsobjekt ins Auge gefasst, auf dem ein Carport und ein Zaun stehen. Mit der Flurkarte prüfst du, ob der Carport innerhalb der Grundstücksgrenzen liegt und ob der Zaun ungefähr dem kartierten Grenzverlauf folgt. Du erkennst, dass der Zaun an einer Seite leicht versetzt ist. Mit diesem Hinweis gehst du in die Preisverhandlung – entweder der Verkäufer lässt vor Kauf eine Grenzfeststellung machen oder der Kaufpreis berücksichtigt die Unsicherheit. Ergebnis: weniger Überraschungen nach dem Notartermin.
Fall 2: Bauvorbereitung. Dein Architekt plant einen Anbau. Du besorgst einen aktuellen Flurkartenauszug und der ÖbVI erstellt den amtlichen Lageplan, weil du die Abstandsflächen genau einhalten musst. Der Vermesser markiert Grenzpunkte und bestätigt die Lage. Im Bauantrag ist klar erkennbar, dass der Anbau nicht die Grenzlinie schneidet. Die Genehmigung läuft reibungsloser, weil Unterlagen schlüssig sind.
Fall 3: Finanzierung. Die Bank möchte wissen, welches Flurstück genau belehnt wird. Du reichst einen frischen Flurkartenauszug im Maßstab 1:1000 ein, auf dem Flurstücksnummer, Gemarkung und Gebäudekonturen klar erkennbar sind. Die Bank kann das Objekt präzise zuordnen und der Kreditprozess geht zügiger, weil keine Nachforderungen entstehen.
Checkliste: Was du mit der Flurkarte pragmatisch erledigst
- Prüfe Flurstücksnummer, Gemarkung und Flur auf Aktualität, damit alle Unterlagen dieselbe eindeutige Kennung nutzen.
- Vergleiche Flurkarte mit Luftbild, um Anbauten, Wintergärten oder Nebengebäude zu erkennen, die eventuell noch nicht im Kataster nachgeführt sind.
- Lege den passenden Maßstab fest (z. B. 1:500 für Detail, 1:1000 für Übersicht), damit Grenzen und Texte gut lesbar sind.
- Sichere dir bei Bank/Behörde ab, ob ein unbeglaubigter PDF-Auszug reicht oder eine beglaubigte Flurkarte benötigt wird.
- Kläre mit dem Bauamt, ob nur ein Flurkartenauszug oder ein amtlicher Lageplan nach Bauordnungsrecht verlangt wird.
- Wenn der Grenzverlauf kritisch ist, hole früh ein Angebot für eine Grenzfeststellung ein, statt später teure Korrekturen zu riskieren.
- Exportiere für CAD/GIS nur mit korrektem EPSG‑Code und dokumentiere Quelle, Datum, Maßstab im Planrahmen.
- Vergleiche – wenn verfügbar – historische Kartenlayer, um Hinweise auf frühere Nutzungen (Altlasten) zu erkennen.
Extra‑Tipp: Prüfe Koordinatensystem vor Datenexport
Bevor du Flurkartendaten ins CAD oder GIS exportierst, wirf einen Blick auf das Koordinatensystem. In Deutschland dominieren ETRS89/UTM 32N (EPSG:25832) und 33N (EPSG:25833). Viele Webkarten nutzen Web Mercator (EPSG:3857) – praktisch fürs Kartenbild, aber für genaue Messungen ungeeignet. Ältere Bestände findest du teils in DHDN/Gauß‑Krüger (z. B. EPSG:31467). Wenn Layer gegeneinander verschoben sind, stimmt das Koordinatensystem nicht.
Vorgehen, das Probleme verhindert: Stelle das Projekt in QGIS/ArcGIS zunächst auf EPSG:25832 ein. Lade den ALKIS-WMS deines Landes in genau diesem System. Beim Export in DXF/Shapefile speichere den CRS (Coordinate Reference System) mit. Tauscht du Daten mit Planern, schreib den EPSG‑Code in die E‑Mail oder den Planrahmen. So vermeidest du die typischen 100–200‑Meter‑Versätze, die durch falsche Transformationen entstehen.
Ein zweiter Punkt: Manche WFS liefern Geometrien in 25832, während Luftbilder in 3857 eingebunden sind. Erlaube On‑the‑fly‑Transformation, aber prüfe die Reprojektion einmal visuell an markanten Punkten (Kreuzungen, Gebäudecken). Bist du in einem Grenzgebiet zwischen UTM‑Zonen, kann 25833 die bessere Wahl sein. Halte dich an die Vorgaben deines Bundeslandes – die Geoportale nennen das empfohlene System meist am Dienst.
Extra‑Tipp: Flurkarte zur PV‑Eignungsabschätzung nutzen
Auch wenn die Flurkarte keine Solaranlage plant, ist sie ein guter Start für die Eignungsprüfung. Du siehst Dachumrisse und Gebäudelage, ergänzt im Geoportal Luftbilder und ggf. Solarkataster. Prüfe, ob das Dach groß genug ist, wie die Ausrichtung (Süd/Ost/West) ist und ob Nachbargebäude oder hohe Bäume Verschattung verursachen könnten. Besonders bei dicht bebauten Quartieren lohnt ein Blick auf Abstände und Dachaufbauten (Gauben, Kamine), die nutzbare Flächen reduzieren.
Für einen ersten Überschlag multiplizierst du die nutzbare Dachfläche mit typischen spezifischen Leistungen (z. B. 180–220 Wp/m²). Beachte Dachneigung und statische Aspekte – das klärst du mit dem Statiker. Gute Geoportale bieten Höhenmodelle (LiDAR/DSM), mit denen du Verschattungen analysieren kannst. Die Flurkarte liefert dir die exakte Lage, damit du Offerten der PV‑Anbieter deiner Adresse und dem richtigen Gebäude zuordnest. Für denkmalgeschützte Gebäude oder Erhaltungssatzungen lohnt ein Blick in zusätzliche Layer (Denkmalschutz, Gestaltungssatzungen), damit du nicht am Genehmigungsrecht vorbeiplanest.
Ein praktischer Workflow: Flurkarte und Luftbild im Geoportal öffnen, Dachpolygon abgreifen, Fläche überschlagen, Fotos vom Objekt machen, potenzielle Verschattungen notieren und damit zwei bis drei Angebote einholen. Mit klarer Lagegrundlage vermeidest du Missverständnisse und sparst Zeit bei der Abstimmung mit Installateuren und Netzbetreibern.
Legende und Symbole
Wenn du die Symbolik der Flurkarte für PV bewertest, interessieren dich vor allem Gebäudekanten, Dachformen und Grenzabstände. Die Flurkarte zeigt keine Dachneigungen, aber Dachumrisse lassen sich mit Luftbildern interpretiert kombinieren. Wo Bebauungspläne Dachformen vorschreiben, blende den entsprechenden Plan als Layer zusätzlich ein. Prüfe außerdem, ob Carports oder Nebengebäude als eigene Gebäude kartiert sind – sie sind oft PV‑geeignet und vereinfachen den Netzanschluss wegen kurzer Kabelwege.
Flurstücksnummern, Maßstab, Grenzarten
Bei der PV‑Planung über Grundstücksgrenzen hinweg (z. B. gemeinschaftliche Anlage, Garagenhof) brauchst du klare Flurstücksnummern und Grenzverläufe. Nutze einen größeren Maßstab (1:500), damit Dachumrisse und Abstände gut lesbar sind. Willst du eine Anlage teilweise auf Nachbarflächen betreiben, ist ohne Grenzfeststellung und vertragliche Regelung (Dienstbarkeit) nichts zu machen. Die Flurkarte liefert die Geometrie – Rechtssicherheit entsteht durch Notarvertrag und ggf. Vermessung.
Bodennutzung und Gebäudedaten
ALKIS‑Attribute zur Bodennutzung helfen dir, bei Freiflächen-PV von vornherein Konflikte zu vermeiden: Ist die Fläche Landwirtschaft, Wald, Schutzgebiet? In Verbindung mit Regional- und Bebauungsplänen erkennst du früh, ob eine Bauleitplanung nötig wird. Gebäudedaten zeigen dir, ob eine Fläche bebaut ist oder ob PV auf Nebengebäuden technisch sinnvoll wäre. Beachte: Für Denkmalschutz oder Satzungsgebiete gelten Sonderregeln – hier immer Rücksprache mit der Gemeinde halten.
Hinweis: Die Flurkarte ist eine Grundlage, aber sie ersetzt keine statische Prüfung, kein Genehmigungsverfahren und keine elektrische Planung. Sie hilft dir, die richtigen Fragen zu stellen und Angebote verlässlich vergleichbar zu machen.
Online‑Geoportale und ALK/ALKIS
Für PV‑Checks sind Geoportale Gold wert. Die Kombination aus Flurkarte, Luftbild, ggf. Solarkataster und Höhenmodellen zeigt dir in Minuten, ob das Projekt grundsätzlich Sinn ergibt. In NRW beispielsweise bietet TIM‑online WMS‑Dienste, die du auch in QGIS laden kannst. Für eine Angebotsanfrage bei Installateuren reicht oft ein Screenshot mit markierter Dachfläche und Flurstücksnummer – das spart Rückfragen und beschleunigt die ** Wirtschaftlichkeitsberechnung**.
Kosten, Formate, Beglaubigung
Für eine PV‑Vorprüfung reicht meist ein unbeglaubigter PDF‑Auszug aus dem Geoportal. Wenn du aber Förderanträge stellst oder Bebauungsfragen klärst, kann ein beglaubigter Auszug verlangt werden. Die Kosten bleiben moderat (s. oben), und du hast einen belastbaren Nachweis für Flächenabgrenzung und Lage. Für die technische Planung sind außerdem DXF/SHP nützlich, um Montagesysteme in CAD zu platzieren oder Verschattungen in GIS zu simulieren.
WMS/WFS, EPSG‑Codes, TIM‑online/Geoportale
Gerade für PV‑Projekte lohnt WMS als Hintergrundkarte in QGIS. Ergänze Höhenmodelle (DSM/DTM) und simuliere den Sonnenstand. Achte peinlich genau auf den EPSG‑Code (oft 25832), sonst verschiebst du Dachkanten um Meter – und die Verschattungsanalyse wird wertlos. Wenn du WFS nutzt, wähle kleine Abfragen, um die Performance zu halten. Speichere Zwischenergebnisse als GeoPackage, damit du reproduzierbar arbeitest.
Diese Anleitung zeigt dir, wie du die Flurkarte als praxisnahes Werkzeug einsetzt: vom schnellen Online‑Blick bis zum beglaubigten Auszug, vom Lesen der Flurstücksnummern bis zur GIS‑Integration. Ob Kauf, Bau, Finanzierung oder PV – mit der Flurkarte triffst du bessere Entscheidungen, vermeidest Fehler und sparst Zeit und Geld.
