Kernsanierung: Kosten, Ablauf & Fördermittel
 
		Was ist eine Kernsanierung?
Eine Kernsanierung bedeutet, vereinfacht gesagt, alles bis auf die tragenden Bauteile zurückzubauen und das Gebäude anschließend technisch und energetisch neu aufzubauen. Du entfernst dabei nicht nur Tapeten und Bodenbeläge, sondern gehst an die Substanz: Entkernung und Rückbau umfassen Wände (nicht tragend), Estriche, alte Leitungen, Bäder, Fenster, oft auch Dachaufbau und Fassade. Am Ende entsteht ein Haus, das sich in Komfort, Technik und Energieverbrauch mit einem Neubau messen kann – nur eben mit der ursprünglichen Struktur, Lage und Identität.
Der große Unterschied zur Renovierung: Renovieren frischt auf, sanieren stellt wieder her – Kernsanierung hingegen definiert das Haus neu. Dazu zählt in der Regel, die Haustechnik zu erneuern (Heizung, Elektro, Sanitär, ggf. Lüftung), die Gebäudehülle zu dämmen und luftdicht zu machen und Grundrisse anzupassen. Häufig wird zugleich barriereärmer geplant, es entstehen moderne Bäder, neue Wohnzonen oder zusätzliche Nutzflächen im Dach.
Typischer Ablauf: Erst wird geöffnet und geprüft, dann folgen die großen Bauabschnitte (Statik/Dach, Hülle, Technik, Innenausbau). Das Ganze ist ein Projekt, das Planung, Genehmigungen und Koordination braucht – ohne Architektin/Architekten, Energieberater und bei Bedarf Statiker tust du dir unnötig schwer. Der Vorteil: Du holst das Maximum aus deiner Immobilie und senkst langfristig Kosten und CO₂‑Emissionen.
- Das gehört typischerweise zur Kernsanierung:
- Entkernung: Rückbau bis auf Tragwerk, Entsorgung inkl. möglicher Schadstoffe
- Statik: Begutachtung, Verstärkungen, ggf. neue Öffnungen/Decken
- Dach: Sanierung/Neudeckung, Dämmung, neue Dachflächenfenster
- Fassade: Dämmung/WDVS, Putz, ggf. Klinker oder Vorhangfassade
- Fenster/Türen: Austausch, bessere U‑Werte, Einbruchschutz
- Haustechnik: Heizung (oft Wärmepumpe), Elektro, Sanitär, Lüftung
- Innenausbau: Trockenbau, Böden, Bäder, Maler, Schreinerarbeiten
- Dokumentation: Energieausweis, Revisionsunterlagen, Materialpass
Wann lohnt sich eine Kernsanierung?
Eine Kernsanierung lohnt sich vor allem dann, wenn du mit kosmetischen Maßnahmen nicht mehr weiterkommst. Stark veraltete Bausubstanz, marode Leitungen, schlechte Dämmung, Feuchteschäden oder gravierende Grundrissprobleme sind typische Auslöser. Auch eine geplante Nutzungsänderung (etwa Einliegerwohnung, Homeoffice‑Zonen, Dachausbau) oder der Wunsch nach deutlich besserer Energieeffizienz spricht für die große Lösung.
Oft ist die Alternative ein Abriss mit Neubau. Hier entscheidet die Rechnung: Bleiben Lage, Abstandsflächen, Bebauungsplan und Substanz vorteilhaft, ist die Kernsanierung häufig günstiger und schneller genehmigt – insbesondere in Städten oder bei Häusern mit Charme und historischen Details. Zudem sparst du „graue Energie“, also CO₂ aus der Herstellung neuer Baustoffe. Bei denkmalgeschützten Objekten kommen steuerliche Vorteile und spezielle Förderungen dazu.
- Sie lohnt sich besonders, wenn:
- Tragwerk grundsätzlich intakt ist, aber Ausbau und Technik überholt sind
- Energieverbräuche und Nebenkosten zu hoch sind und du langfristig im Objekt bleiben willst
- Grundriss, Dämmung und Haustechnik deine Wohnbedürfnisse nicht mehr erfüllen
- Du Fördermittel nutzen kannst (iSFP, BAFA/KfW/BEG) und die Amortisation planst
- Du Wertsteigerung für Vermietung/Verkauf anstrebst (besserer Energieausweis, moderner Standard)
- Denkmalschutz gegeben ist und du Substanz erhalten möchtest
Kosten & Finanzierung
Kosten pro m² und typische Posten
Die Gretchenfrage: Was kostet das? Realistisch ist eine Spanne von etwa 400–1.800 €/m². Warum so breit? Weil Zustand, Region, Ausstattungsniveau, Schadstoffbefunde und Statik massiv variieren. Ein solides Haus ohne Überraschungen liegt eher im unteren bis mittleren Bereich; Altbauten mit großen Eingriffen oder hochwertigen Ausstattungen erreichen die Oberkante – vor allem, wenn Dach, Hülle und Technik komplett neu gedacht werden.
- Typische Kostenposten (grobe Orientierungen, je nach Objekt stark schwankend):
- Entkernung und Rückbau: ca. 60–150 €/m² (mit Asbest/Schadstoffen deutlich mehr)
- Statik/Tragwerk: 50–300 €/m² (von lokalen Verstärkungen bis Deckentausch)
- Dach inkl. Dämmung: 150–350 €/m² Dachfläche (Ausbau/Gauben extra)
- Fassade/WDVS: 120–220 €/m² Fassadenfläche; Fenster: 500–1.200 € je Fenster
- Heizung: Wärmepumpe inkl. Peripherie ca. 18.000–35.000 €; Alternativen variieren
- Elektro komplett: 80–180 €/m² Wohnfläche; Smart‑Home nach Ausstattung
- Sanitär/Bäder: 8.000–25.000 € pro Bad, je nach Größe und Komfort
- Planung/Baunebenkosten: 15–25 % (Architektur, Statik, Energieberatung, Genehmigungen)
Beispiel 1 (120 m², gutes Tragwerk, „solide & effizient“): Entkernung 10.000 €, Dach 28.000 €, Fassade/Fenster 45.000 €, Heizung/Wärmepumpe 28.000 €, Elektro 15.000 €, Sanitär/Bäder 25.000 €, Innenausbau 35.000 €, Planung/Nebenkosten 30.000 €. Summe ca. 216.000 € (~1.800 €/m²) vor Förderung.
Beispiel 2 (120 m², moderate Anpassungen): Entkernung 8.000 €, Dach 18.000 €, Fassade/Fenster 32.000 €, Gas‑Altanlage auf Wärmepumpe 24.000 €, Elektro 12.000 €, Sanitär/Bäder 18.000 €, Innenausbau 25.000 €, Planung/Nebenkosten 22.000 €. Summe ca. 159.000 € (~1.325 €/m²) vor Förderung.
Wichtig: Plane einen Risikopuffer von 10–20 % für Unvorhergesehenes (verdeckte Schäden, Lieferengpässe). Und vergiss nicht die „soften“ Kosten wie Umzug, Zwischenlager, Ausweichwohnung und eventuelle Mietausfälle, falls du vermietest.
Förderprogramme (KfW, BAFA, BEG) und steuerliche Hinweise
Fördermittel sind der Turbo in der Kalkulation – aber nur, wenn du sie von Anfang an mitplanst. Im Kernsanierungs‑Kontext greift die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Grundsätzlich gilt: Für umfassende energetische Sanierungen mit Ziel „Effizienzhaus“ bietet die KfW zinsgünstige Kredite mit Tilgungszuschüssen; für Einzelmaßnahmen (z. B. Wärmepumpe, Dämmung, Fenster, Lüftung) ist das BAFA zuständig und gewährt Zuschüsse pro Gewerk.
Herzstück ist der individuelle Sanierungsfahrplan (iSFP) durch eine:n Energieeffizienz‑Expert:in (EEE). Der iSFP zeigt die sinnvolle Reihenfolge der Maßnahmen und kann Bonus‑Zuschläge auslösen (z. B. zusätzlicher iSFP‑Bonus bei Einzelmaßnahmen). Er ist außerdem die Eintrittskarte für viele Programme, denn er stellt sicher, dass deine Sanierung ganzheitlich und förderfähig geplant ist.
Kombinationen sind erlaubt, aber es gibt Regeln gegen Doppelförderung. Deshalb: Vor Auftragsvergabe Anträge stellen, Bestätigungen einholen (BzA/BnD durch EEE), Fristen prüfen. Steuern kannst du zusätzlich nutzen: Nach § 35c EStG sind für selbstgenutzte Wohnungen 20 % der energetischen Sanierungskosten über drei Jahre verteilt absetzbar (Deckelungen beachten). Für Denkmale oder in Sanierungsgebieten können weitere Sonderabschreibungen greifen.
Extra‑Hinweis: Smart‑Home‑Lösungen (z. B. Einzelraumregelungen, Monitoring, Lastmanagement) lassen sich sinnvoll mit energetischen Maßnahmen verbinden. Nicht jede Komponente ist förderfähig, aber wenn sie Effizienz nachweislich erhöht (etwa im Rahmen einer Wärmepumpensteuerung oder Lüftungsregelung), steigt die Chance auf Zuschüsse. Kommunen und Länder legen regelmäßig eigene Programme auf – hier lohnt der Blick in regionale Förderdatenbanken.
Ablauf & Reihenfolge der Maßnahmen
1. Statik und Dach
Schritt 1: Bevor etwas Schönes entsteht, kommt die harte Bestandsaufnahme. Ein:e Architekt:in koordiniert Statik & Gutachten: Tragfähigkeit von Decken, Rissen, Fundamenten; Feuchte‑ und Holzschutz; eventuell Bodengutachten bei Anbauten. Ein Schadstoffgutachten (Asbest, PAK, PCB) verhindert böse Überraschungen beim Rückbau. Auf dieser Basis legst du fest, ob Öffnungen möglich sind, welche Wände fallen dürfen und ob Verstärkungen erforderlich sind.
Dann folgt das Dach. Ist es undicht oder schlecht gedämmt, startest du hier. Dachstuhl prüfen, ggf. Hölzer sanieren, Dämmung einbauen, neue Eindeckung aufbringen, Dachflächenfenster setzen. Dacharbeiten sichern das Gebäude gegen Wetter, damit der Innenausbau später trocken und ohne Verzögerungen laufen kann. Parallel klärst du Genehmigungen (Gauben, Photovoltaik, Denkmalauflagen), denn Eingriffe in die Dachlandschaft sind oft anzeige‑ oder genehmigungspflichtig.
Zeitlich solltest du für diesen Block – je nach Umfang – vier bis zwölf Wochen kalkulieren. Wenn Stahlträger, Unterfangungen oder Deckentausch nötig sind, wird’s länger. Wichtig ist die Bauzeitenkoordination: Dach dicht machen, bevor Technik und Innenausbau starten, spart Geld und Nerven.
2. Außenhülle (Fassade, Fenster, Dämmung)
Schritt 2: Jetzt machst du das Haus warm und dicht. Die Reihenfolge in der Praxis ist häufig: erst Fenster (passend zur künftigen Laibungstiefe), dann Fassadendämmung/WDVS und Putz. Entscheidender Punkt ist die Luftdichtheit gemäß Gebäudeenergiegesetz (GEG): Dampfbremsen, Anschlüsse, Fenstereinbau in der Dämmebene und sorgfältige Details an Wärmebrücken (Rollladenkästen, Sockel, Balkonanschlüsse). Ein Blower‑Door‑Test in der Bauphase hilft, Leckagen rechtzeitig zu finden.
Denkmalfassaden und Klinker verlangen spezielle Lösungen: Innendämmung mit kapillaraktiven Materialien, hochwertige Fenster mit Profilnähe zum Original, abgestimmte Farbfassungen. Hier führt der Weg immer über die Denkmalschutzbehörde. Behalte auch Sonnenschutz und Überhitzung im Blick – außenliegender Sonnenschutz (Raffstores) und Verschattungskonzepte sind im Sommer Gold wert.
Mit einer gut gedämmten Hülle legst du die Basis, damit später eine effiziente Heizung überhaupt sinnvoll arbeiten kann. Typische Dauer: drei bis acht Wochen, je nach Fläche, Wetter und System. Koordiniere Fensterlieferzeiten früh, damit die Bauöffnung nicht bremst.
3. Haustechnik (Heizung, Elektro, Sanitär, Lüftung, Solar)
Schritt 3: Jetzt kommt das Herzstück. Bei der Heizung führt in vielen Bestandsgebäuden kaum ein Weg an der Wärmepumpe vorbei – besonders, wenn Dämmung und Fenster bereits optimiert sind. Ein sauberer hydraulischer Abgleich, großflächige Heizflächen (z. B. Fußbodenheizung oder größere Heizkörper), eine regeloptimierte Vorlauftemperatur und Lastmanagement (PV‑Strom nutzen) entscheiden über Effizienz.
Elektro wird in der Kernsanierung komplett neu gedacht: mehr Stromkreise, FI/LS‑Schutz, Netzwerk/PoE, Leerrohre, Smart‑Home nach Bedarf. Sanitär: neue Steigleitungen, Schallschutz, effiziente Warmwasserbereitung (ggf. Frischwasserstation), barrierearme Bäder. Eine zentrale oder dezentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung sorgt für gute Luft und sichert die Dämmqualität vor Feuchteschäden.
Ergänzend planst du Photovoltaik und ggf. Speicher, Wallbox, Wärmepumpen‑Stromtarif. Achte auf Mess‑ und Revisionskonzepte: Wo laufen Kabel, wo sitzen Absperrungen, wie dokumentierst du die Anlagenparameter? Die Bauzeit hängt vom Umfang ab; für Komplettanlagen sind vier bis zehn Wochen realistisch, oft überlappend mit Innenausbau.
4. Innenausbau, Bäder, Boden
Schritt 4: Jetzt wird’s sichtbar. Trockenbau schließt Installationsschächte, bildet neue Raumstrukturen und Decken ab. Dann kommen Putze, Estriche, Fliesen, Bodenbeläge, Innentüren, Malerarbeiten, Einbaumöbel. Bäder setzt du von „hinten nach vorn“: Leitungen, Vorwände, Abdichtung, Fliesen, Sanitärobjekte, Armaturen zum Schluss.
Wichtig ist die Reihenfolge mit Trocknungszeiten: Estrichaufheizprotokoll, Feuchtemessungen, nur auf trockener Basis weiterbauen. Ein zweiter Blower‑Door‑Test für die Enddichtheit ist sinnvoll. Am Ende stehen Abnahmen je Gewerk, Protokolle, Wartungs‑ und Pflegehinweise, die Anlagen‑Einweisung sowie – wenn du nachhaltig planst – ein Materialpass für spätere Anpassungen oder Rückbau.
Checkliste vor Beginn und Auftragsvergabe
Bevor du Angebote einholst, stellt diese Checkliste sicher, dass du klar, förderfähig und belastbar planst. Sie spart Geld, Zeit und Ärger:
- Ziele und Budgetrahmen festlegen (Komfort, Energie, Grundriss) und Puffer einplanen
- Bestandsaufnahme inkl. Statik‑, Feuchte‑ und Schadstoffgutachten
- Energieberatung und iSFP erstellen; Förderstrategie (KfW/BAFA/BEG) definieren
- Grobterminplan mit Zeitplan & Dauer (inkl. Genehmigungen, Lieferzeiten)
- Umzug/Übergangslösungen und Lagerkonzept für Möbel organisieren
- Ausschreibung mit klarer Leistungsbeschreibung und zeichnerischen Details
- Vergabestrategie: Einzelvergabe (mehr Steuerung) vs. Generalunternehmer (ein Ansprechpartner)
- Referenzen, Kapazitäten und Versicherungsnachweise der Firmen prüfen
- Bauzeitenpuffer, Vertragsstrafen bei Verzug, Zahlungsplan nach Leistung vereinbaren
- Baubegleitung/Qualitätssicherung (EEE/Architekt:in/SiGeKo) fest einplanen
Häufige Risiken, Genehmigungen und Denkmalschutz
Jede Kernsanierung hat Unwägbarkeiten – aber du kannst sie steuern. Großes Thema sind Schadstoffe: Asbest steckt in Spachtelmassen, Floorflex‑Platten, alten Dachplatten. PCB/PAK finden sich in Fugendichtstoffen. Ohne fachgerechten Ausbau steigen Kosten und Gesundheitsrisiken. Zweites Risiko sind verdeckte Tragwerksschäden (Holzbalkendecken, Durchfeuchtungen) – hier hilft die frühe Öffnung und Sondierung. Drittens unterschätzte Logistik: enge Zufahrten, weite Wege, fehlende Gerüste, Entsorgungsnachweise.
Genehmigungen betreffen oft Dachformen, Fassaden, Fensteraufteilungen, Nutzungsänderungen, Stellplätze, Brand‑ und Schallschutz, Außenanlagen. Das Gebäudeenergiegesetz stellt Mindeststandards, Denkmalschutz kann Abweichungen zulassen, verlangt aber oft hochwertige Details. Halte alle Entscheidungen mit der Behörde schriftlich fest, binde früh eine:n Denkmalpfleger:in ein und dokumentiere Materialien und Befunde.
- Warnsignale unseriöser Angebote:
- „Alles aus einer Hand, ohne Plan“ bei auffällig niedrigem Pauschalpreis
- Fehlende Referenzen oder keine Nachweise für Qualifikationen/Versicherung
- Kein schriftlich definierter Leistungsumfang, viele „Eventualpositionen“
- Unklare Bauzeit, keine Gewährleistungsfristen, hohe Vorkasse
- Kein Aufmaß, keine Baustellenbesichtigung vor Angebotsabgabe
Wertsteigerung, Energieeinsparung und Amortisation
Die meisten Eigentümer:innen sanieren aus zwei Gründen: besser wohnen und Wert sichern/steigern. Energetisch sanierte Gebäude erreichen niedrigere Heizkosten, sind im Sommer angenehmer und erfüllen künftige Anforderungen an Energieausweise viel leichter. Das grenzt späteren Verkauf nicht ein – im Gegenteil: Gute Effizienzklassen und solide Technik sind Preistreiber.
Zur Amortisation: Rechne nicht nur mit reinen Energiekosten. Vermeidung großer Reparaturen (z. B. Heizungstausch in 5 Jahren), höherer Wiederverkaufswert, bessere Vermietbarkeit (kürzere Leerstände, höhere Mieten), geringere Instandhaltung über 10–15 Jahre und Förderzuschüsse gehören dazu. Beispiel: Investition 180.000 €, jährliche Energiekosteneinsparung 2.500 €, zusätzliche Kaltmiete +200 €/Monat (Vermietung), Restwertsteigerung 60.000 € laut Marktvergleich. Die simple Rückrechnung übersieht zwar Zinsen und Inflation, zeigt aber: Kernsanierung rechnet sich oft durch ein Bündel an Effekten.
Wichtig ist ein realistischer Zeithorizont: Energetische Maßnahmen amortisieren sich typischerweise innerhalb von 10–20 Jahren, Technik sogar schneller, wenn alte Anlagen am Ende sind. Komfort, Gesundheit (Raumluft), Lärmschutz und Klimaschutz haben keinen Preisschild – aber sie entscheiden darüber, wie gerne du dein Haus nutzt und wie zukunftsfähig es ist.
Praxistipps für die Umsetzung (Extra-Tipp: Angebotsstrategie, Bauzeitenpuffer)
Gute Planung spart Baustellenstress. Starte mit einem klaren Maßnahmenfahrplan, abgestimmt mit Architekt:in und EEE. Entscheide früh, ob du Gewerke einzeln vergibst (mehr Kontrolle, aber mehr Koordination) oder mit einem Generalunternehmer arbeitest (ein Vertrag, aber weniger Einfluss auf Details). Plane Bauabschnitte so, dass Folgeleistungen nicht „leer laufen“ – die teuerste Ressource ist Stillstand.
Extra‑Tipp Angebotsstrategie: Arbeite mit vergleichbaren Leistungsverzeichnissen. Fordere bei Schlüsselgewerken Alternativpositionen an (z. B. Dämmstoffqualität, Fensterglas, WP‑Leistung), um Preise und Nutzen gegenüberzustellen. Vereinbare klare Meilensteine und Abschlagszahlungen nach prüfbaren Leistungen (Aufmaß, Fotos, Protokolle). Und: Baue eine Option für Materialumplanung ein, falls Lieferketten haken.
Für den Zeitplan gilt: Puffer sind kein Luxus. Lieferzeiten für Fenster, Wärmepumpen und PV können schwanken. Ein Bauzeitenpuffer von 15–25 % ist realistisch – du nutzt ihn für Trocknungszeiten, Nacharbeiten oder unerwartete Befunde. Und wenn alles glattläuft, freust du dich über einen früheren Einzug.
- Handfeste Umsetzungstipps:
- „Mock‑Up“: Ein Raum oder eine Wand als Musterfläche, um Qualität zu definieren
- Blower‑Door‑Test in der Bauphase und am Ende, Leckagen sofort beheben
- Fotodokumentation aller Leitungsführungen (späterer Nutzen bei Bohrungen)
- Bemusterungen früh abschließen: Fliesen, Armaturen, Türen, Boden, Steckdosen
- Reserve‑Material (z. B. 5–10 % Fliesen) für spätere Reparaturen einlagern
- Baustelleneinrichtung planen: Strom, Wasser, WC, Lager, Zufahrt
- Kurzfristige Umzugsstrategie: Container/Lagerbox, möbliertes Wohnen für 2–6 Monate
- Kommunikationsritual: Wöchentliches Jour fixe mit Protokoll und To‑Do‑Liste
Extra‑Tipp Umzug & Lager: Rechne die Kosten eines Zwischenumzugs gegen Baustellenbehinderungen durch Bewohnen. Oft ist der temporäre Auszug günstiger und verkürzt die Bauzeit. Lagerboxen sparen Mehrfachtransport, wenn du sie nah an der Baustelle platzierst.
Nachhaltigkeit & Materialauswahl (Extra-Tipp: Materialpass und Recyclingplanung)
Nachhaltig sanieren heißt, heute die richtigen Materialien wählen und morgen Rückbau und Wiederverwertung erleichtern. Achte auf Umweltproduktdeklarationen (EPD), geringe Grau‑Energie, zirkuläre Produkte und schadstoffarme Qualitäten (z. B. Blauer Engel, natureplus). Bei Dämmstoffen kannst du zwischen Holzfaser, Zellulose, Mineralwolle, Hanf oder Hartschaum wählen – jedes Material hat Stärken. Entscheidend sind U‑Wert, Feuchtemanagement, Brandschutz und Montagequalität.
Im Innenausbau bringen emissionsarme Farben, lösemittelfreie Kleber und geölte statt stark versiegelte Hölzer Vorteile für die Raumluft. Bei Estrichen und Mörteln gibt es zementarme oder rezyklierte Varianten. Für die Fassade lassen sich Systeme mit hoher Demontagefreundlichkeit wählen, Schraub‑ statt Klebeverbindungen, recycelbare Dämmstoffe. Und bei PV/Technik sind langlebige Komponenten und updatefähige Steuerungen ein Plus.
Extra‑Tipp Materialpass: Erfasse Materialien, Mengen, Hersteller und Einbauorte in einem Materialpass – idealerweise digital mit Fotos. So weißt du, was im Haus steckt, kannst Reparaturen schneller und gezielter ausführen und späteres Recycling vereinfachen. Ergänze das um eine Rückbauplanung: Welche Bauteile sind wiederverwendbar? Wie lassen sie sich zerstörungsarm demontieren? Diese Vorausschau spart am Ende Entsorgungskosten und schont Ressourcen.
Denke auch an Wasser und Biodiversität: Regenwassernutzung, Retentionsflächen und begrünte Dächer/Fassaden verbessern Mikroklima und können Nebenkosten senken. Und: Eine gute Verschattung plus nächtliche Querlüftung reduziert Kühlbedarf – das ist gelebte Nachhaltigkeit im Alltag.
Fazit & Entscheidungs-Checkliste
Eine Kernsanierung ist die große Chance, dein Haus grundlegend zu modernisieren und es für die nächsten Jahrzehnte stark zu machen – energetisch, gestalterisch, technisch. Der Schlüssel liegt in sauberer Planung, der richtigen Reihenfolge der Maßnahmen und konsequenter Qualitätskontrolle. Wenn du Förderungen klug einbindest, den Sanierungsfahrplan (iSFP) nutzt und realistisch kalkulierst, erreichst du ein Niveau nahe Neubau – mit Charakter und bestmöglicher Nutzung der bestehenden Struktur.
Bevor du startest, prüfe mit kühlem Kopf: Passt die Immobilie zu deinen Zielen? Tragen Lage, Bebauungsrecht, Denkmalschutz und Substanz? Und wie sehen Finanzierung, Zeitfenster und Übergangslösungen aus? Wenn die Antworten rund sind, ist jetzt der richtige Moment, den Plan zu schärfen und anzupacken.
- Entscheidungs-Checkliste:
- Zielbild klar? (Energieklasse, Komfort, Grundriss, Barrierefreiheit)
- Substanz geprüft? (Statik‑/Schadstoffgutachten, Feuchte, Dach, Hülle)
- Förderstrategie fix? (EEE, iSFP, KfW/BAFA/BEG, Zeitplan für Anträge)
- Kostenrahmen + 10–20 % Puffer finanziert? (Eigenkapital, Kredit, Liquidität)
- Zeitplan realistisch? (Genehmigungen, Lieferzeiten, Bauzeitenpuffer)
- Vergabemodell gewählt? (Einzelvergabe vs. GU, Qualitätssicherung)
- Zwischenwohnen/Logistik organisiert? (Umzug, Lager, Baustelleneinrichtung)
- Nachhaltigkeit mitgedacht? (Materialwahl, Materialpass, Recyclingplanung)
Wenn du diese Punkte abhaken kannst, hast du die wichtigsten Risiken im Griff – und die besten Karten, deine Kernsanierung pünktlich, förderoptimiert und in der gewünschten Qualität zu realisieren.

 
  
  
  
 