Verkehrswert Haus: Wofür steht er und was sollte ich darüber wissen?

Verkehrswert Haus: Wofür steht er und was sollte ich darüber wissen?

Wer eine Immobilie kauft, möchte im Vorfeld den Hauswert kennen, um keinen überhöhten Preis zahlen zu müssen. Während der Einheitswert eine wichtige Größe zur steuerlichen Bemessung ist und beispielsweise für die Ermittlung der Grundsteuer oder Zweitwohnungssteuer benötigt wird, wird zur Immobilienbewertung der Verkehrswert mit einbezogen.

Auch der Verkäufer tut gut daran, den Verkehrswert zu kennen, um bereits vor Verkauf zu wissen, welcher erzielbare Preis auf dem Markt zu holen ist. Doch was ist der Verkehrswert, im Rahmen welcher Kriterien kommt er zum Einsatz und durch welche Bewertungsverfahren kann er ermittelt werden? Hier finden Sie Antworten.

Was ist der Verkehrswert und unter welchen Umständen wird er benötigt?

Der Verkehrswert wird häufig synonym als Marktwert bezeichnet und gibt den Preis an, den man nach aktueller Marktlage für eine Immobilie erzielen kann. Wer plant, ein Haus oder eine Wohnung zu verkaufen, sollte den Verkehrswert kennen. Denn er gibt eine Größe an, die man als Verkäufer verlangen kann.

Auch bei einer Schenkung bzw. Erbschaft, bei Scheidung oder einer Enteignung sollte der Verkehrswert bekannt sein. So kennen alle Beteiligten den exakten Immobilienwert, auf dessen Grundlage es sich besser verhandeln lässt.

Daneben kann es vorkommen, dass die Bank oder Versicherung den genauen Immobilienwert kennen möchte. Auch dann muss der Verkehrswert ermittelt werden.

Laut § 194 Baugesetzbuch (BauGB) ist der Verkehrswert definiert als „[der] Preis, […] der zu dem Zeitpunkt auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstandes der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.“

Nach der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) muss der Verkehrswert aus dem Ergebnis des herangezogenen Verfahrens unter Berücksichtigung der Lage auf dem Grundstücksmarkt zu einem bestimmten Zeitpunkt ermittelt werden.

Zwar kann der Verkehrswert als Größe beim Immobilienverkauf und -Kauf mit einbezogen werden, er sagt aber nicht unbedingt etwas über den tatsächlichen Kaufpreis aus. Gerade bei Grundstücken und Häusern richtet sich der Kaufpreis insbesondere nach Angebot und Nachfrage. Dazu kommt auch ein Urteil des BGH (BGH NJW 1968, 151).

Wie wird der Verkehrswert ermittelt?

Es gibt 3 verschiedene Wertermittlungsverfahren, um den Verkehrswert herauszufinden:

  • Sachwerteverfahren
  • Vergleichswerteverfahren
  • Ertragswerteverfahren

Das Sachwertverfahren

Beim Sachwertverfahren werden Bodenwert und Gebäudesachwert miteinander addiert. Um den Quadratmeterpreis des Grundstücks zu ermitteln, kommt die Bodenrichtwertkarte zum Einsatz. In den Gebäudewert werden unter anderem die folgenden Faktoren mit einbezogen:

  • Die Baukosten
  • Aktueller Zeitwert
  • Kosten durch Renovierungsmaßnahmen
  • Besondere Ausstattungsmerkmale

Anschließend wird der Wert durch den Marktanpassungsfaktor korrigiert, woraus sich der Wert für die Region ergibt. Angewendet wird das Sachwertverfahren in der Regel dann, wenn es sich um ein sehr außergewöhnliches Haus handelt oder wenn das Haus sehr abgeschieden liegt und es wenige vergleichbare Eigentumswerte gibt.

Im Vergleich zu Grundstücken haben Gebäude nur eine begrenzte Lebensdauer und sie unterliegen einer sogenannten Alterswertminderung. Daher sollte zum Zeitpunkt der Bewertung die Restnutzungsdauer berücksichtigt werden, da sie die Basis für die Bemessung der Alterswertminderung des Gebäudes ist.

Das Vergleichswertverfahren

Beim diesem Verfahren wird das zu bewertende Objekt mit vergleichbaren bereits verkauften Häusern und Wohnungen vergleichen. Dabei wird der tatsächlich erzielte Verkaufswert betrachtet. Vergleichbar sind Häuser und Wohnungen

  • in ähnlicher Lage
  • mit ähnlicher Größe
  • mit ähnlichem Baujahr

Das Vergleichswertverfahren ist eine sehr beliebte Bewertungsmethode. Lässt sich das gewünschte Objekt also mit sehr vielen gleichartigen Immobilien vergleichen, ist die Zuverlässigkeit des Verkehrswertes besonders groß. Eine Liste mit allen Kaufpreisen aus der Vergangenheit lässt sich beim örtlichen Gutachterausschuss einsehen.

Die Bewertungsmethode durch das Vergleichswertverfahren ist besonders gut geeignet, um den Verkehrswert von Eigentumswohnungen in Wohnanlagen, Reihenhäuser sowie Ein- und Zweifamilienhäuser in einheitlichen Baugebieten zu berechnen. Auch zur Ermittlung des Vergleichswerts unbebauter Grundstücke ist es gut geeignet. Bei unbebauten Grundstücken entspricht der Bodenwert dem Verkehrswert. Um diesen ermitteln zu können, muss allerdings der Bodenrichtwert herangezogen werden. Dieser kann beim zuständigen Gutachterausschuss erfragt werden.

Das Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren wird besonders gerne bei Mietobjekten herangezogen. Auch hierbei werden Grundstückswert und Gebäudeertragswert separat erfasst. Der Ertragswert der Immobilie wird dabei insbesondere über die Mieterträge ermittelt sowie weitere wichtige Kennzahlen wie

  • Wohnfläche
  • Mietpreis pro Quadratmeter
  • Bewirtschaftungskosten
  • Liegenschaftszins
  • Vervielfältiger

Auch bei Gewerbeimmobilien eignet sich das Ertragswertverfahren. Grundsätzlich kommt es immer dann zum Einsatz, wenn Immobilien insbesondere als Kapitalanlagen betrachtet werden.

Häufig werden alle drei Verfahren – Sachwertverfahren, Vergleichswertverfahren und Ertragswertverfahren – angewendet, um den aktuellen Verkehrswert optimal zu ermitteln.

Welchen Einfluss hat der Verkehrswert auf die Kaufpreisbestimmung?

Der Einfluss auf die Kaufpreisbestimmung ist kleiner als man möglicherweise zunächst annehmen könnte, denn der Verkehrswert dient höchstens als Orientierung. Tatsächlich bestimmt sich der Kaufpreis nach Angebot und Nachfrage, also danach, was ein Kaufinteressent für eine bestimmte Immobilie zu einer bestimmten Zeit und Situation bereit ist zu bezahlen. Selbst wenn der Verkehrswert hoch ist, ist ein Objekt ziemlich wertlos, wenn es niemand kaufen möchte. Daher bleiben Kaufpreise immer Verhandlungssache und der Verkehrswert dient höchstens als Richtwert.

Wer ermittelt den Verkehrswert?

Zwar finden sich online zahlreiche Verkehrswertrechner, es kann sich aber lohnen, den Verkehrswert durch eine Fachperson ermitteln zu lassen. Ein professionelles Gutachten gibt Auskunft über den tatsächlichen Marktpreis und bietet eine gute Verhandlungsgrundlage.

Hier können Sie den Verkehrswert ermitteln lassen:

  • Gutachter: Immobiliengutachter sind zertifizierte oder frei arbeitende Sachverständige, Architekten oder Bauingenieure. Sollte der Verkehrswert für ein Gerichtsverfahren ermittelt werden, beispielsweise bei Erbstreitigkeiten, ist es ratsam einen zertifizierten Sachverständigen zu beauftragen, da er über die passende Marktkenntnis verfügt.
  • Makler: Immobilienmakler sind regional zumeist sehr gut aufgestellt und kennen sich am Markt bestens aus. Daher können sie die Immobiliensituation im jeweiligen Gebiet gut einschätzen und eine zielführende Einschätzung über den Verkehrswert geben.

Auch Banken und Finanzämter können eine Einschätzung des Verkehrswerts vornehmen. Sie ersetzen allerdings keinen Gutachter, da sie häufig im eigenen Interesse handeln.

Was ist der Unterschied zwischen Verkehrswert und Marktwert?

Tatsächlich sind die beiden Begriffe Verkehrswert und Marktwert Synonyme – sie bedeuten also dasselbe und geben den Verkaufspreis des Objektes an, der in der Theorie auf dem Markt erzielt werden kann. Der Angebotspreis eines Hauses beim Verkauf, unterscheidet sich in der Regel jedoch vom präzisen Marktwert. Er kann stark darüber, aber auch deutlich unter dem Verkehrswert liegen.

Je höher die Nachfrage, desto wahrscheinlicher ist es, einen Verkaufspreis zu erzielen, der deutlich höher als der Verkehrswert ist. Gleiches gilt dann, wenn eine Immobilie Eigenschaften aufweist, für die ein Käufer bereit ist, deutlich mehr zu bezahlen. Wird ein Haus hingegen innerhalb der Familie oder im Zuge einer Zwangsversteigerung verkauft, kann der Verkaufspreis geringer als Markt- bzw. Verkehrswert sein.

Welche Rolle spielt der Verkehrswert bei Erbschaften?

Im Falle einer Erbschaft verlang das Finanzamt hinsichtlich der Erbschaftssteuer die Berechnung des Verkehrswerts. Zwar berechnet das Finanzamt selbst den Verkehrswert nicht, es gibt sich aber auch mit einer Schätzung zufrieden.

Auch bei Erbstreitigkeiten spielt der Hauswert mitunter eine große Rolle. Beispielsweise dann, wenn ein Angehöriger enterbt wurde. In diesem Fall wird häufig um die Höhe des Pflichtteils gestritten, welcher die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beträgt. Die Pflichtteilberechtigten haben ein Interesse an einer möglichst hohen Preisermittlung, denn dann fällt auch der Pflichtteil entsprechend höher aus.

Sie können ein Wertgutachten verlangen, welches aus dem Nachlass bezahlt wird. Er kann auch ein zweites erstellen lassen, wenn ihnen das erste falsch vorkommt. Einigen sich die Pflichtteilberechtigten und Erbberechtigten nicht, landet der Fall vor Gericht.

Im Falle einer Erbengemeinschaft sind Erbstreitigkeiten ebenfalls keine Ausnahme. Auch dann ist der Immobilienwert von Bedeutung. In diesem Fall empfiehlt es sich, gemeinsam einen Gutachter zu beauftragen, um Geld und Ärger zu sparen.

Welche Faktoren beeinflussen den Verkehrswert?

Es gibt zahlreiche beeinflussende Faktoren. Sie sorgen dafür, dass der Verkehrswert entweder deutlich steigen oder auch fallen kann. Die wichtigsten sind dabei:

  • Ausstattungsmerkmale (z.B. Balkone, Barrierefreiheit, Keller, Parkplätze, Zimmeranzahl)
  • Baujahr
  • Faktor der Instandhaltung
  • Grundstücksgröße
  • Höhe der Mieteinnahmen bei zur Vermietung stehende Immobilien
  • Lage
  • Marktlage
  • Qualität und Zustand der Ausstattung
  • Wohn- und Nutzfläche
  • Zustand des Gebäudes

Dem Grundstück kommt dabei eine gesonderte Rolle zu. Handelt es sich beispielsweise um ein abrissreifes Haus, so setzt sich der Verkehrswert aus dem Grundstückswert subtrahiert mit den Abrisskosten zusammen. Bleibt das darauf befindliche Gebäude hingegen vorhanden, wird dessen Sachwert häufig mit dem Grundstückswert addiert.

Das ist jedoch nicht immer der Fall. In Regionen, in denen die Nachfrage sehr gering ist, ist der Verkaufspreis häufig geringer als der Sachwert des Hauses. Professionelle Verkehrswertgutachter kennen die Regionen und wissen, wo die Nachfrage hoch und wo sie eher geringer ist. Bei der Wertermittlung beziehen sie diese Faktoren mit ein.

Was wird zur Verkehrswertermittlung benötigt?

Um den Verkehrswert zu ermitteln werden je nach Art der Immobilie unterschiedliche Unterlagen benötigt. Die folgende Tabelle zeigt Ihnen, welche Unterlagen Ihnen bei einem Wohnhaus idealerweise vorliegen und wo Sie diese beantragen können.

UnterlageNotwendig oder sinnvoll?Woher?
Auszug aus dem GrundbuchnotwendigGrundbuchtamt
BaubeschreibungsinnvollBauamt / Bauakte
Berechnung der WohnflächenotwendigBauamt / Bauakte
Brutto-Rauminhalt (BRI)sinnvollBauamt / Bauakte
EnergieausweissinnvollEntsprechend qualifizierte Personen (z.B. Energieberater, Bauingenieure oder Architekten)
Flurkarte oder LageplannotwendigKatasteramt
Grundriss der ImmobiliesinnvollBauamt / Bauakte
Mietverträgesinnvolleigene Unterlagen / Haus- oder WEG-Verwaltung
Nachweis über ModernisierungsmaßnahmenSinnvollEigene Unterlagen

Geht es um den Verkehrswert einer Wohnung, sind noch einmal abweichende Unterlagen notwendig. Hier sollte eine Dokumentation der Instandhaltungsrücklage, aktuelle Wohnungsmietverträge (falls es sich um Mietobjekte handelt), Protokolle der Eigentümerversammlung, Teilungserklärung, Wirtschaftsplan sowie Wohngeldabrechnung vorliegen.

Soll ein vermietetes Objekt verkauft werden, sind zusätzlich zum Mietvertrag oder den Mietverträgen eine Aufstellung der Mieteinnahmen sowie die letzte/n Nebenkostenabrechnung/en notwendig. Je mehr Unterlagen und Informationen zur Verfügung stehen, desto genauer kann der Verkehrswert durch einen Gutachter ermittelt werden.

Zusammenfassung

Der Verkehrswert zeigt den Preis an, welchen man nach aktueller Marktlage für ein Haus, eine Wohnung oder ein unbebautes Grundstück erzielen kann. Er ist dabei nur ein Richtwert, um eine Idee davon zu bekommen, wie viel man beim Hausverkauf erzielen könnte. Den tatsächlichen Verkaufs- bzw. Kaufpreis bestimmt jedoch die Marktlage, also Angebot und Nachfrage.