Warum der Strompreis in der Hand des Verbrauchers liegt

Warum der Strompreis in der Hand des Verbrauchers liegt

Alle Jahre wieder erwarten die deutschen Stromkunden mit großem Schrecken die böse Nachricht: Um wie viel werden die Strompreise dieses Jahr steigen? Dass die Strompreise steigen, ist fast schon garantiert, denn der Trend geht seit der Liberalisierung vor mehr als 15 Jahren nur in eine Richtung – aufwärts.

Ganz unschuldig sind die Verbraucher an dieser Entwicklung nicht, denn sie sind, zum Teil unwissend, das Problem. Die Strommarktliberalisierung wurde aus einem Grund ins Leben gerufen: Die Preise sollten drastisch fallen, so wie es bereits bei den Telefongebühren geschah. Das zumindest glaubten die Experten und hofften die Verbraucher. Die erhoffte Preisrevolution gab es nie, obwohl die Preise bis zum Jahr 2000 tatsächlich nachgaben. Angetrieben von der Strommarktliberalisierung entstanden zahlreiche neue Anbieter, die den deutschen Stromriesen den Kampf ansagten.

Die Strommarktliberalisierung und erhoffte Preisrevolution

Der Kampf auf dem Strommarkt war jedoch holprig und blieb für viele Unternehmen aussichtslos. Nach nur wenigen Monaten gingen viele Neulinge in die Knie, wurden zahlungsunfähig, von den Großen aufgekauft oder verschwanden komplett vom Markt. Die Situation sah ganz anders aus, als sich die Experten vorstellten. Die Liberalisierung sollte den Markt und Konkurrenzkampf anregen und es Neulingen nicht noch schwerer machen. Leider geschah genau das Gegenteil.

Der Grund für den zähen Marktstart war simpel und voraussehbar: Die großen Konzerne wollten kein Stück von ihrem Anteil abgeben. Neulinge konnten ihnen auch nicht ohne Weiteres Marktanteile rauben, denn die Großen hatten eine entscheidende Waffe: Sie konnten die Preise für die Stromdurchleitungen nach belieben diktieren, da alternativen Versorgern der preisgünstige Zugang zu den deutschen Stromnetzen verwehrt war. Erst als die EU im Jahr 2004 Druck machte und ein angepasstes Energiewirtschaftsgesetz vorlegte und im Anschluss eine Aufsichtsbehörde ins Leben gerufen wurde, änderte sich die Situation.

Das Internet und der bequeme Stromanbieter-Wechsel

Bis hier kann man den Verbrauchern keine Schuld zuweisen, schließlich sind sie lediglich ein Zuschauer des Marktkampfes. Doch mit dem Beginn des Zeitalters des Internets wurde dem Stromkunden eine mächtige Waffe in die Hand gelegt, welche bis heute unangetastet bleibt. Jeder Verbraucher mit Internetzugang kann einen Blick auf STromvergleichsseiten werfen und sich über alle aktuellen Stromanbieter informieren. Den Kunden stehen nicht nur zahlreiche Informationen zur Verfügung, sie haben sogar die Möglichkeit, den Stromanbieter mit wenigen Mausklicks zu wechseln. Der Wechsel ist simpel und bequem, dauert nur wenige Minuten und ist absolut kostenlos. Dennoch nutzten nur wenige deutsche Stromkunden dieses „Feature“. Denn um den Stromanbieter-Wechsel rangen sich mehrere Mythen, einer unsinniger als der andere:

  • Unwissen: Beginnen wir mit der Tatsache, dass nicht jeder Verbraucher über diese Möglichkeit bescheid weiß. Auch wenn es nach einer Ausrede klingt, macht es dennoch Sinn, schließlich kann nicht jeder Mensch perfekt mit einem Rechner umgehen beziehungsweise ist über alle Möglichkeiten, die das Internet bietet, informiert.
  • Faulheit: Ein besonders häufiger Grund, der in vielen Umfragen angegeben wird, ist die Faulheit. Dieser Punkt wird zum Teil mit dem ersten, dem Unwissen, kombiniert. Menschen kennen zwar die Möglichkeit, den Stromanbieter online zu wechseln, gehen aber davon aus, dass damit viel Arbeit beziehungsweise ein hohes Risiko verbunden ist. Dabei müssten sie sich lediglich einige Minuten über diese Möglichkeit und das damit verbundene Potenzial informieren.
  • Stromausfall: Sehr kurios ist der Mythos rund um die Annahme, dass der Strom beim Wechsel des Anbieters einige Tage, Wochen oder gar Monate ausfällt. Diese Annahme ist natürlich völliger Unsinn, die Stromversorgung ist gesetzlich garantiert. Selbst wenn es beim Stromanbieter-Wechsel zu Problemen kommen sollte, springt der Grundversorger ein und liefert weiterhin Strom. Zu einem Stromausfall kommt es nicht.
  • Vorauskasse: Spätestens seit Anbieter wie Flexstrom und TelDaFax Schlagzeilen machten, kursiert eine neue Angst unter den Stromkunden: Die zuvor genannten Stromversorger lockten Kunden mit niedrigen Preisen durch ihr Vorkasse-Modell an. Dieses Modell lief nicht wie geplant und führte zur Insolvenz beider Firmen. Sowohl TelDaFax als auch Flexstrom sind jedoch Ausnahmefälle und nicht die Regel. Ein seriöser Anbieter verlangt das Geld nicht vorab und Kunden müssen auch gar nicht erst Strom von einem solchen Unternehmen beziehen.
  • Ökostrom: Über den Ökostrom rangen sich genauso viele Mythen wie über den „normalen Strom“. Ein typischer Aberglaube ist, dass Ökostrom viel teurer ist. Dabei sind die Kosten mittlerweile nur minimal höher beziehungsweise gleich teuer. Und einen großen Vorteil bietet Ökostrom: Er schützt die Umwelt. Doch auch hier gibt es viele schwarze Schafe, die keinen echten Ökostrom anbieten. Verbraucher sollten deshalb genau hinsehen und sich ausreichend informieren.

Wie aus diesem Artikel ersichtlich wird, rangen sich viele Mythen rund um den Stromanbieter-Wechsel. Gleichzeitig zeigt er aber auch, dass es keinen Grund gibt, den Anbieter nicht zu wechseln. Für den Verbraucher bringt der Wechsel viele Vorteile mit sich. Einerseits spart der Kunde Geld durch niedrigere Kosten, andererseits zwingt er mit dem Wechsel Stromanbieter, ihr Preismodell zu überdenken, die Preise zu senken und so zu konkurrieren. Je mehr Verbraucher den Stromanbieter-Wechsel nutzen, desto schneller können sie den Markt anregen und Stromanbieter zwingen, attraktive und faire Preise anzubieten.

Artikelbild: © PhotographyByMK / Shutterstock


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