Unterschiedliche Estricharten für jeden Zweck

Unterschiedliche Estricharten für jeden Zweck

Estrich hat eine lange Tradition und wurde bereits in der Antike (griech. óstrakon = Scherbe) verwendet. Ein Kalk-Wasser-Gemisch, das mit Steinen (Puzzolane) oder Scherben angereichert wurde, diente als widerstandsfähiger Bodenbelag. Bis heute wird Estrich auf Mörtelbasis entweder als sauberer Untergrund für den eigentlichen Bodenbelag, wie etwa Teppich, Parkett oder Fliesen, oder als eigenständiger Bodenbelag genutzt. Für die unterschiedlichen Verwendungszwecke wurden über die Jahrtausende verschiedene Estricharten entwickelt.

Unterscheidungsmerkmale von Estricharten

Estriche werden nach der Art des verwendeten Bindemittels, der Nutzung, sowie nach der Konstruktions- und Einbauweise unterschieden. Bei Zementestrichen und Calciumsulfatestrichen wird zusätzlich unterschieden, ob diese in Fließtechnik oder konventionell verlegt werden. Darüber hinaus gibt es Trockenestriche aus Fertigteilen wie Gipsfaser-, Holz- oder Natursteinplatten. Demnach unterscheiden sich Estricharten nicht nur farblich, sondern vor allem nach ihrer Zusammensetzung und Art der Anwendung.

Estricharten nach Zusammensetzung

Estriche bestehen aus Zuschlag, Zugabewasser und verschiedenen Zusatzstoffen. Der Hauptbestandteil sind jedoch Bindemittel. Je nach dem zugrundeliegenden Bindemittel werden folgende Estricharten mit entsprechenden Kürzeln unterschieden:

  • Zementestrich (CT von cementitious screed)
  • Calciumsulfatestrich (CA), auch Anhydritestrich (AE)
  • Gussasphaltestrich (AS von mastic asphalt screed)
  • Kunstharzestrich (SR von synthetic resin screed)
  • Magnesiestrich (MA von magnesite screed), auch „Steinholzestrich“

Estricharten nach Einbauweise

Je nach Konstruktionsart bzw. Einbauweise werden die Estricharten weiter unterteilt. Fließestriche, die aufgrund ihrer weichen Konsistenz selbstnivellierend sind, lösen zunehmend die sogenannten Baustellenestriche ab. Baustellenestrich wird hingegen konventionell verlegt, wodurch eine hohe körperliche Belastung für die Arbeiter besteht. Höchstens bei starken Gefällen wird nach wie vor Baustellenestrich verlegt. Der moderne Fließestrich übrzeugt vor allem durch seine Vorzüge beim Einbau von Fußbodenheizungen und aus arbeitsmedizinischer Sicht. Fließestrich umschließt die Heizrohre hohlraumfrei, wodurch unnötige Energieverluste vermieden werden können. Je nach Art der Verbindung zum tragenden Untergrund werden darüber hinaus folgende Estricharten unterschieden:

  • Verbundestrich, der mit dem Tragbeton fest verbunden wird (ohne wärme- oder schallisolierende Wirkung)
  • Estrich auf Trennschicht mit dünner Zwischenlage/Trennschicht zum Untergrund (kaum wärme- oder schallisolierende Eigenschaften)
  • Estrich auf Dämmschicht, auch „schwimmender Estrich“ genannt, ist ein auf seiner Unterlage beweglicher Estrich ohne unmittelbare Verbindung mit angrenzenden Bauteilen wie Wänden, Stützen oder Rohren (besonders gute Dämmeigenschaften)
  • Heizestrich, meist als Estrich auf Dämmschicht eingebaut

Daneben gibt es den Trockenestrich, der auch als Fertigteilestrich bekannt ist. Er wird ebenfalls in der Regel als Estrich auf Dämmschicht zur besseren Wärme- und Schallisolierung eingebaut. Aus vorgefertigten Platten aus Gipsfasern, Holz oder Naturstein wird ein Untergrund verlegt. Diese Sonderanfertigungen sind relativ aufwändig in der Planung und daher in der Regel kostenintensiv. Lohnenswert ist der Einbau von Trockenestrich jedoch vor allem bei der Gebäudesanierung und beim Trockenausbau. Benötigt ein Gebäude einen neuen Untergrund für den Bodenbelag, ist der zeitliche Arbeitsaufwand beim Einbau von Trockenestrich vergleichsweise gering, da die Trocknungs- bzw. Erhärtungszeit gänzlich entfällt.

Einzelne Estricharten im Detail

Die einzelnen Estricharten bieten jeweils unterschiedliche Vorzüge, bringen aber je nach Zusammensetzung auch Nachteile mit sich. Während sich einige Estricharten auch als fertiger Bodenbelag anbieten, ist dies bei manchen Estricharten nur nach entsprechender Nachbehandlung und Beschichtung möglich. Hinzu kommt, dass nicht alle Estricharten für Nassräume oder das Verlegen auf Fußbodenheizungen geeignet sind.

Zementestrich

Am häufigsten wird wohl Zementestrich verbaut. Der widerstandsfähige Untergrund ist feuchtigkeitsresistent und besonders robust. Dadurch ist das fertige Produkt vielseitig einsetzbar. Das Verlegen ist jedoch für ungelernte Arbeitskräfte etwas kompliziert und bedarf in der Regel Erfahrung. In der Erhärtungszeit zieht sich der Boden nach einem langen Trocknungsprozess stark zusammen, wodurch Risse entstehen können.

Calciumsulfat- bzw. Anhydritestrich

Calciumsulfatestrich wird auch unter dem Namen Anhydritestrich angeboten. Der dekorative Bodenbelag weist eine feine Körnung von etwa acht Millimetern auf. Das Calciumsulfatgemisch mit Steinanteil kann für schöne Effekte auf dem Boden sorgen und ist zudem für das Verlegen auf Heizungsrohren geeignet. Das Material ist zwar hitzebeständig, aber feuchtigkeitsempfindlich. Soll Calciumsulfatestrich als fertiger Bodenbelag genutzt werden, ist eine Beschichtung unumgänglich.

Gussasphaltestrich

Ein ziemlicher Allrounder unter den Estricharten ist Gussasphaltestrich. Der aus Gesteinsmehl, Splitt, Sand und Bitumen bestehende Bodenbelag kann sowohl auf Heizungsrohren, als auch in Nassräumen verlegt werden. Leider ist diese Estrichart relativ teuer in der Anschaffung und der Einbau nicht ganz unproblematisch. In Einfamilienhäusern ist das Verlegen noch möglich, sollen jedoch höhere Stockwerke eines Mehrfamilienhauses mit Gussasphaltestrich ausgestattet werden, stehen die Arbeiter vor dem Problem, dass die Masse nicht pumpfähig ist. Zudem entstehen beim Verlegen sehr hohe Temperaturen. Gussasphaltestrich wird in der Regel schwimmend oder auf Trennschicht verlegt.

Das Verlegen auf einer Dämmschicht empfiehlt sich auch deshalb, weil Gussasphaltestrich eine geringere Wärmeleitzahl als Zementestrich und Calciumsulfatestrich aufweist. Gussasphaltestrich kann jedoch mit dem Vorteil aufwarten, dass der Untergrund bereits nach einem Tag belegfähig ist und bei allen Witterungsverhältnissen verlegt werden, unabhängig von der Temperatur.

Durch Abschleifen kann ein elegant schimmerndes Finish erreicht werden.

Kunstharzestrich

Kunstharzestrich besteht hauptsächlich aus Kunststoffen wie Epoxyharz EP, Polyurethan PUR, Polymethylmethacrylat PMMA, sowie ungesättigtem Polyesterharz UP. Als Zuschlag, um den Bodenbelag resistenter zu machen, kommen feuergetrockneter Quarzsand, Korund oder andere Hartstoffe infrage. Die Vorteile bestehen in der kurzen Aushärtezeit und einem hohen Verschleißwiderstand. Kunstharzestrich ist außerdem feuchtigkeitsabweisend, frosthart und nicht elektrisch leitfähig.

Kunstharzestrich kann nach Belieben eingefärbt werden, um besonders dekorative Effekte zu erzielen.

Nachteilig ist hingegen die genaue Rezepturabstimmung und die kurze Verarbeitungszeit, stets in Abhängigkeit zur Umgebungstemperatur. Diese Estrichart, die auch als finaler Bodenbelag genutzt werden kann, ist vergleichsweise teuer in der Anschaffung.

Kunstharzestrich ist nicht feuerfest. Bei Entzündung können gesundheitsschädliche Dämpfe entstehen.

Magnesiaestrich

Auch Magnesiaestrich kann ohne Festigkeitsverlust eingefärbt werden. Der aus kaustischem Magnesia bestehende und häufig mit Holzmehl oder Holzstücken als Zuschlag versetzte Boden – daher auch der Name „Steinholzestrich“ – ist jedoch sehr feuchtigkeitsempfindlich. Die Lösung wird mit Quarzsand oder -mehl versetzt, um sie widerstandsfähiger zu machen. Das Verlegen muss schnell vonstatten gehen: Die Masse muss rasch verteilt, bald verdichtet und abgezogen werden. Die Umgebungstemperatur darf dabei nicht unter die Zehn-Grad-Marke fallen. Bis der Bodenbelag vollständig belastbar ist, vergehen etwa drei Wochen. Der widerstandsfähige Boden ist leider nicht für Nassräume geeignet und verhält sich aggressiv gegenüber Metall. Früher wurde der sogenannte Steinholzestrich vor allem auf Holzbalkendecken verbaut.

Estrich als Unterboden oder Bodenbelag

Estrich gilt traditionell als Unterboden, auf den schließlich der finale Bodenbelag, sei es Parkett, Teppich oder Laminat, verlegt wird. Ohne eine Estrichunterlage ist der Boden nicht eben und der finale Bodenbelag wird am Ende schief und schlimmstenfalls rissig. Im modernen Wohndesign wird Estrich mehr und mehr selbst als finaler Bodenbelag entdeckt, der nicht nur langlebig, sondern richtig chic sein kann. Zudem spart sich der Arbeiter oder Heimwerker durch die Verwendung des Estrichs als finalen Bodenbelag mindestens einen Arbeitsschritt.

Zusammenfassung

Estricharten werden nicht nur nach ihrer Zusammensetzung bzw. nach den enthaltenen Bindemitteln, sondern auch nach ihrer Verwendung und Einbauweise unterschieden. So gibt es Fließestrich, schwimmend verlegten Estrich, in Verbundweise verlegten Estrich, sowie Trockenestrich. Je nach enthaltenen Bindemitteln, Zuschlägen und Zusätzen sind die Estricharten unterschiedlich temperatur- und feuchtigkeitsempfindlich, elektrisch leitfähig, sowie schlag- und abriebfest. Vor allem beim Verlegen auf Fußbodenheizungen ist eine hohe Temperaturbeständigkeit wichtig. In Nassräumen darf nur feuchtigkeitsunempfindlicher Estrichboden verlegt werden.

Artikelbild: © Volodymyr P / Bigstock.com


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert