Altes Haus kaufen: Checkliste & Kosten
Warum ein altes Haus kaufen? Vorteile und Risiken
Ein altes Haus zu kaufen ist für viele mehr als eine Investition: Es ist die Entscheidung für Charme, gewachsene Substanz und lebendige Geschichte. Oft bekommst du in älteren Lagen größere Grundstücke, gewachsene Infrastruktur und eine Nachbarschaft, die über Jahrzehnte zusammengewachsen ist. Gleichzeitig ist der Kauf ein Projekt – mit Sanierungskosten, Überraschungen und Koordinationsaufwand, die du von Anfang an realistisch einplanen solltest.
Alte Häuser bieten Chancen: Du kannst mit kluger Sanierung die Energiekosten senken, den Grundriss an dich anpassen und echte Wertsteigerung erzielen. Wer bewusst modernisiert, profitiert zusätzlich von Fördermitteln (KfW/BAFA) und steuerlichen Vorteilen (besonders bei Denkmälern). Doch Risiken gehören dazu: hinter Paneelen versteckte Schäden, alte Leitungen, Schadstoffe oder aufwendige Dachsanierungen. Je genauer dein Vorgehen, desto kalkulierbarer wird das Projekt „Altbau kaufen“.
- Vorteile: Charme und Lage, massives Mauerwerk, oft größere Grundstücke, wertige Details (Dielen, Stuck), Potenzial zu hoher Wertsteigerung, Nachhaltigkeit durch Weiternutzung der Bausubstanz, Förderchancen
- Risiken: versteckte Mängel, Schadstoffe (Asbest/PAK/PCB), hoher Energiebedarf, Sanierungskosten mit Preisunsicherheiten, rechtliche Auflagen (z. B. Denkmalschutz), Handwerkerverfügbarkeit, Finanzierung mit Sanierungsanteil
Tipp: Plane von Anfang an einen Bausachverständigen (Altbau) ein. Seine Feststellungen sind dein Sicherheitsnetz und dein stärkstes Argument in der Preisverhandlung.
Erste Prüfung vor Ort: Sofort-Check bei der Besichtigung
Der erste Termin vor Ort entscheidet, ob du tiefer einsteigen solltest. Dein Ziel: in 60–90 Minuten klären, ob die Bausubstanz tragfähig wirkt, ob Feuchteschäden vorliegen und wie alt die Technik ist. Dokumentiere mit Fotos, notiere Raumhöhen, Fenstermaße und auffällige Gerüche (feucht, muffig, verbrannt).
Schritt 1: Bringe Hilfsmittel mit. Eine Taschenlampe, Feuchtemessgerät, kleiner Magnet (für Stahlträger), Notizblock, Zollstock, dünner Schraubendreher (Holztest), ggf. Steckdosenprüfer helfen dir, „unter die Oberfläche“ zu schauen.
Schritt 2: Frage nach. Welche Umbauten und Genehmigungen gab es? Wie alt sind Heizung, Dach, Fenster? Liegt ein Energieausweis vor? Gibt es bekannte Schäden, Versicherungsfälle oder Quittungen zu Sanierungen? Die Antworten liefern Hinweise auf den Sanierungsstau.
Schritt 3: Teste. Lass dir die Heizung zeigen, schalte viele Verbraucher, drehe Wasser voll auf. Prüfe damit grob Leistungsfähigkeit und Zustand.
Sichtprüfung Dach, Fassade, Keller, Fenster, Feuchte
Beginne außen: Das Dach ist der wichtigste Witterungsschutz. Achte auf wellige Ziegel, Moos in Wasserläufen, gebrochene Ziegel, verbeulte Rinnen und Durchbiegungen im First. Ein alter Dachstuhl mit Insekten- oder Pilzbefall zeigt Fraßgänge, Bohrmehl oder weiches Holz – hier hilft ein Experte. Bei der Fassade sagen Risse viel aus: Feine, netzartige Risse sind oft unkritisch, schräg laufende, breite Risse können statische Probleme oder Setzungen anzeigen. Fotografiere und markiere ihre Position.
Im Keller kannst du den Feuchtehaushalt gut einschätzen: Riecht es muffig? Gibt es Salzausblühungen, abgeplatzten Putz oder nasse Ecken? Ältere Häuser haben oft keine horizontale Sperre, was nicht automatisch schlimm ist – entscheidend ist, ob Feuchte aktiv nachdrückt oder ob ein funktionierender Lüftungsrhythmus genügt. Vorsicht bei nachträglichen Bitumenanstrichen innen – sie können Feuchte „einsperren“. Prüfe Fenster: Zugluft, ungleichmäßiges Kondenswasser im Winter, Schimmel an Laibungen oder schwarze Punkte an Dichtungen zeigen energetische und bauphysikalische Schwachstellen.
Funktionstest Heizung, Elektrik, Wasser
Bitte den Verkäufer um eine Probefahrt der Technik. Starte die Heizung, kontrolliere Vorlauf- und Rücklauftemperaturen an Heizkörpern, lausche auf ungewöhnliche Geräusche der Pumpe. Ein Kessel älter als 20–25 Jahre ist meist ein Austauschkandidat, und mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) musst du perspektivisch in Richtung 65% erneuerbare Energien denken. Teste mehrere Steckdosen gleichzeitig – fliegt die Sicherung, sind Stromkreise ggf. unterdimensioniert. Alte Textil- oder Alu-Leitungen und fehlender FI-Schutz (RCD) sind klare Warnzeichen.
Drehe an mehreren Zapfstellen den Hahn auf: Wie schnell wird warmes Wasser warm? Wie ist der Druck, gibt es Rostfärbung? Verzinkte Stahlleitungen sind oft nach Jahrzehnten zugesetzt. Tropfende Eckventile, grünspanige Kupferlötstellen oder bleihaltige Altleitungen (bis in die 1970er möglich) weisen auf Austauschbedarf hin.
Detaillierter Sanierungscheck
Sobald der Sofort-Check positiv ist, folgt der Tiefencheck mit Sachverständigen. Ziel: klare Prioritätenliste, Kostenspanne und Entscheidungsgrundlage, ob du kaufst und zu welchem Preis.
Bausubstanz, Statik, Dachstuhl
Ein Altbau lebt von seiner tragfähigen Struktur. Der Gutachter prüft Risse (Breite, Verlauf, Alter), Deckendurchbiegungen, Auflager und Lastabtrag. Holzbalkendecken mit Fehlböden sind sanierungsfähig, erfordern aber oft Schallschutz- und Brandschutzmaßnahmen und präzise Feuchteschutzdetails. Beim Dachstuhl zählen Holzfeuchte, Tragglieder (Pfetten, Sparren), Verbindungsmittel und Auflager. Lass eingedeckte Dachflächen von innen ansehen: Tageslichtspalten, Schimmel an Unterspannbahnen, Wärmebrücken an Gauben sind Indizien.
Mauerwerk: Ziegel, Bruchstein oder Bims haben unterschiedliche Sanierungslogiken. Ziegelwände sind oft unkritisch, wenn Fugen gesund sind. Bruchstein liebt diffusionsoffene Lösungen (Kalkputz statt Zementsperre). Beton aus den 1960ern kann Alkali-Kieselsäure-Reaktion oder Bewehrungskorrosion zeigen. Anbauten mit Flachdach: Detaillösungen an Anschlüssen sind oft Schwachstellen – hier droht Durchfeuchtung.
Haustechnik: Heizung, Leitungen, Elektrik
Heizung: Prüfe Alter, Typ, und Systemtemperaturen. Eine Kernsanierung zielt auf niedrige Vorlauftemperaturen (z. B. 45–55°C) für effiziente Wärmepumpen oder hybride Systeme. Wo Radiatoren bleiben, helfen größere Flächenheizkörper oder Fußbodenheizung in Hauptzonen. Heizraum: Abgasführung, Kondensat, Lager (bei Pellet/Öl), Platz für Pufferspeicher und Hydraulik prüfen.
Wasser/Abwasser: Material und Baujahr der Leitungen notieren. Verzinkter Stahl (häufig bis 1970er) austauschen, Blei unbedingt ersetzen. Abwasserleitungen aus Guss oder älterem PVC prüfen (Endoskopie/Farbtest), Geruchsverschlüsse und Lüftungsleitungen kontrollieren.
Elektrik: Ein E-Check zeigt, ob Schutzpotentialausgleich, FI/RCD, ausreichende Stromkreise und Querschnitte vorhanden sind. Alte Verteilerschränke, Bakelit-Schalter, zweiadrige Leitungen und Nullung sind deutliche Sanierungszeichen. Plane früh Datenleitungen (LAN), Smart-Home-Bedarf und PV/Wallbox-Anbindung – die Zukunftssicherheit spart später Kosten.
Schadstoffe: Asbest, Holzschädlinge, Altlasten
Asbest steckt oft in Faserzementplatten, Nachtspeicheröfen, alten Bodenbelägen (Platten, Kleber), Spachtelmassen und bituminösen Dachbahnen. Künstliche Mineralfasern (KMF) vor Baujahr 2000, PAK in Parkettklebern, PCB in Fugendichtmassen – eine Schadstoffprüfung durch Laboranalysen schafft Klarheit. Sanierungen sind möglich, aber melde- und entsorgungspflichtig, also kostenrelevant.
Holzschädlinge: Hausbock im Dach, Echter Hausschwamm in Holzbalkenlagen – letzterer verlangt zwingend Fachsanierung mit Freilegung, Materialabtrag und Sperrmaßnahmen. Altlasten im Boden (Tankstellen, Industrie, ehemalige Heizöltanks) klärst du über Kataster und bei Bedarf Bodengutachten.
Kosten realistisch kalkulieren
Die wichtigste Frage lautet: Reicht dein Budget, inklusive Sicherheitsreserve, für Kauf und Sanierung? Kalkuliere in Kostengruppen (Gebäudehülle, Technik, Innenausbau, Planung/Nebenleistungen) und lege einen Puffer oben drauf. Für eine erste Grobzahl hilft die m²-Regel: leichte Modernisierung 400–800 €/m² WF, umfassende Sanierung 800–1.500 €/m² WF, Kernsanierung 1.200–2.000+ €/m² WF – abhängig von Zustand, Region und Standard.
- Typische Richtwerte: Dach komplett 250–450 €/m² Dachfläche; Fenster (3-fach) 600–1.200 € je Stück; Elektro komplett 80–150 €/m² WF; Sanitär 15.000–40.000 € je nach Bädern; Heizung (inkl. Wärmeerzeuger, Verteilung) 20.000–60.000 €; Dämmung Fassade 160–280 €/m²; Innenputz/Maler 20–50 €/m²; Bodenaufbau 40–120 €/m²; Planung/Bauleitung 10–15% der Baukosten
Achte auf EU-/regionale Preisunterschiede: In Süddeutschland und Ballungsräumen sind Lohnkosten oft 10–25% höher als in peripheren Regionen. Materialpreise schwanken mit globalen Lieferketten (Dämmstoffe, Holz, Stahl), saisonale Auslastung treibt Angebotspreise. Hole mindestens drei Angebote pro Gewerk ein und gleiche Leistungsbeschreibungen genau ab.
Fallbeispiel: Du kaufst ein Haus von 1938 (120 m² WF) für 260.000 €. Die Gutachterliste nennt Dach (40.000 €), Fenster (18.000 €), Heizung (35.000 €), Elektro (15.000 €), Sanitär (25.000 €), Fassade (30.000 €), Innenausbau (25.000 €), Nebenkosten/Planung (20.000 €) – zusammen 208.000 €. Mit 10–15% Puffer liegst du bei ca. 235.000 €. Gesamtbedarf: 495.000 € plus Kaufnebenkosten (Grunderwerb, Notar, Makler) – realistisch also 550.000–570.000 €.
Kostenschätzung, Puffer, EU/regionale Preise
Für deine erste Entscheidung genügt eine dreistufige Kalkulation:
Schritt 1: Pflichtpaket definieren (Sicherheit, Witterungsschutz, Technik). Alles, was Dichtigkeit, Statik und Brandschutz betrifft, ist nicht verhandelbar.
Schritt 2: Soll-Paket entwerfen (Energieeffizienz, Komfort, Grundriss). Hier entscheidet Budget und Förderfähigkeit über Umfang und Timing.
Schritt 3: Puffer einplanen. Ich empfehle bei alten Häusern mindestens 15% auf die Summe aller Maßnahmen. Bei Denkmälern und Schadstoffverdacht eher 20–25%.
Preisregionen beachten: Süddeutschland/Metropolen teuer, Ost-/Nordost günstiger. Auch innerhalb der EU variieren Materialpreise und Lieferzeiten; grenznahe Projekte profitieren manchmal von Handwerkerkooperationen, allerdings mit Blick auf nationale Normen und Gewährleistung.
Mini-Kostenrechner: Summer die Kostengruppen A (Hülle), B (Technik), C (Innenausbau). Addiere 12% Planung/Nebenkosten und 15–20% Puffer. Prüfe danach, ob Förderungen die Netto-Belastung senken und ob die Bank Sanierungskosten mitfinanziert.
Finanzierung & Fördermittel
Eine solide Finanzierung mischt Eigenkapital, Annuitätendarlehen und zweckgebundene Förderdarlehen/Zuschüsse. Entscheidend ist, dass du Sanierungskosten realistisch im Darlehen abbildest und genügend Liquidität für Unvorhergesehenes behältst.
Bankgespräch: Bringe Kostenschätzung, Zeitplan, Einkommensnachweise, Grundbuchauszug und – wenn möglich – das Gutachten mit. Frage gezielt nach Modernisierungskrediten, tilgungsfreien Anlaufjahren und Bereitstellungszinsen. Gute Banken berücksichtigen Fördermittel in der Struktur, um deine monatliche Rate tragfähig zu halten.
- Relevante Programme: KfW BEG WG (Sanierung zum Effizienzhaus, Kredit mit Zinsvorteil und Tilgungszuschuss), BAFA BEG EM (Einzelmaßnahmen: Heizungstausch, Dämmung, Fenster), KfW-Wohneigentumsprogramm 124 (Kauf/Erwerb), regionale Landesförderungen (zinsgünstige Darlehen/Zuschüsse), kommunale Programme (z. B. Ortskernsanierung), steuerliche Vorteile (Denkmalschutz §7i/§10f EStG)
KfW/BAFA, Denkmalschutz-Förderung, Steuerliche Abschreibungen
BAFA-Heizungsförderung: Für erneuerbare Heizungen (z. B. Wärmepumpe) gibt es Grundförderung und mögliche Boni (z. B. für Austausch alter Öl-/Gasheizungen, Einkommensbonus). Zusammen sind in bestimmten Konstellationen bis zu 70% förderfähiger Kosten möglich – aber Bedingungen, Antragszeitpunkte und Förderobergrenzen beachten.
KfW-BEG: Sanierst du zum Effizienzhaus, winken zinsgünstige Kredite plus Tilgungszuschuss je nach Effizienzstufe. Einzelmaßnahmen können über die BAFA laufen; die Kombination will früh geplant sein, damit Anträge vor Auftragserteilung gestellt werden.
Denkmalschutz: Beim denkmalgeschützten Haus kaufen profitierst du oft von Ausnahmen bei energetischen Pflichten und von hohen steuerlichen Abschreibungen. Vermietung: i. d. R. bis zu 100% der förderfähigen Sanierungskosten über 12 Jahre (8×9% + 4×7%). Eigennutzung: oft 90% über zehn Jahre (§10f EStG, 9% p. a.). Zusätzlich gibt es Landes- und Kommunalprogramme sowie Zuschüsse der Denkmalpflege – Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde ist Pflicht.
Praxisregel: Förderungen sind mächtig, aber formal. Sichere dir früh Energie-Effizienz-Experten (EEE) und kläre die Förderstrategie, bevor du Angebote beauftragst. So maximierst du Zuschüsse und vermeidest Förderausschlüsse.
Rechtliche Prüfungen vor Kauf
Recht prüfst du doppelt: öffentlich-rechtlich (Genehmigungen, Denkmalschutz, Erschließung) und privatrechtlich (Grundbuch, Lasten, Mietverträge). Diese Unterlagen entscheiden, ob du bauen darfst, was es kostet – und welche Rechte andere haben.
- Wichtige Unterlagen: Aktueller Grundbuchauszug (Abt. II/III), Baulastenverzeichnis, Altlastenkataster, Flurkarte/Liegenschaftskataster, Energieausweis, Bauakten (Genehmigungen/Bestandspläne), Denkmalschutzbescheid, Erschließungsbeitragsbescheide/Bestätigungen, ggf. Mietverträge/Teilungserklärung, Protokolle der Eigentümergemeinschaft (bei WEG), Leitungspläne/Servitute, Bebauungsplan/Innenbereich (§34 BauGB)
Grundbuch, Baulasten, Denkmalschutz, Erschließung
Grundbuch: Lies Abteilung II/III genau: Wegerechte, Leitungsrechte, Wohnrechte/Nießbrauch und Grundschulden beeinflussen Nutzung und Finanzierung. Baulasten (kommunales Verzeichnis) regeln z. B. Abstandsflächen, Stellplätze oder Zufahrten – sie sind verbindlich, auch ohne Grundbuch-Eintrag.
Denkmalschutz: Ein Denkmalstatus bedeutet Genehmigungspflicht für viele Eingriffe (Fenster, Dach, Fassade, Grundriss). Gleichzeitig ist er Zugang zu Förderungen und Steuervorteilen. Kläre früh, welche Maßnahmen zulässig sind, und dokumentiere den Bestand genau (Fotos, Pläne).
Erschließung: Liegen alle Hausanschlüsse (Strom, Wasser, Abwasser, Gas, Glasfaser) an? Was kosten Neuanschlüsse oder Aufdimensionierungen? Straßenausbau- oder Erschließungsbeiträge können vier- bis fünfstellig sein. Ein Blick ins Altlastenkataster und ins Bauamt bringt Sicherheit zu Bodenverunreinigungen oder Alteinbauten (z. B. Erdtanks).
Verhandlung, Kaufvertrag und Notartermin
Mit deiner Checkliste, Fotos und – idealerweise – einem Kurzgutachten hast du die besten Karten. Verhandle nie nur den Preis, sondern das Gesamtpaket: Übergabetermin, Übernahme von Einbauten, Räumung, vorhandene Baumaterialien, Zugänglichkeit für Vorabmessungen und Probebohrungen.
Preisverhandlung: Gehe von den festgestellten Mängeln aus und hinterlege sie mit Kostenspannen. Beispiel: „Fenster 18–22 Tsd., Heizung 30–40 Tsd., Dach 35–45 Tsd.; in Summe 83–107 Tsd. – deshalb reduziere ich das Angebot um 95 Tsd.“ Bleib sachlich, liefere Belege (Angebote, Richtwerte, Gutachterzitate). Ein professioneller, fairer Ton führt häufiger zum Ziel als harte „Letzte-Preis“-Taktik.
Kaufvertrag: Der Notar entwirft, du prüfst. Achte auf Auflassungsvormerkung, Fälligkeitstermin, Kaufgegenstand (Nebengebäude, Gartenhaus), Inventarliste (Einbauküche, Öltankfüllung), Übergabe von Unterlagen (Pläne, Rechnungen, Schlüssel). „Gekauft wie gesehen“ gilt im Altbau – nur arglistig verschwiegene Mängel sind ausgenommen. Wenn möglich, sichere dir ein Zugangsrecht vor Eigentumsübergang für Aufmaß/Planung.
Fallstudie Verhandlung: Eine Käuferin legt ein Gutachten vor, das Dachsanierung (40.000 €) und Elektrik (15.000 €) empfiehlt. Der Verkäufer bietet 30.000 € Nachlass. Mit zwei Handwerker-Angeboten und Fotodokumentation erhöht sie die Glaubwürdigkeit ihrer Forderung auf 55.000 €. Ergebnis: 48.000 € Nachlass, Übergabe früherer Wintertermin (ermöglicht Sanierung bis Einzug) und Übernahme der Restheizölmenge – ein Paket, das beide Seiten zufriedenstellt.
Preisargumente durch Gutachten, Übergabetermin, Mängelhaftung
Nutze das Gutachten als neutrale Instanz. Bitte den Notar, wesentliche Verkäuferangaben (Baujahr Heizung, genehmigte Anbauten) aufzunehmen. Lege den Übergabetermin so, dass du Förderanträge stellen und Angebote einholen kannst. Mängelhaftung bei Bestandsimmobilien ist stark eingeschränkt – sichere dir wenigstens die freie Besichtigung bis zur Beurkundung und die Pflicht, neue Erkenntnisse offenzulegen.
Sanierungsplanung: Prioritäten und Zeitplan
Aus Technik wird Timeline: Du ordnest Maßnahmen nach Sicherheit, Witterungsschutz, Technik, Energieeffizienz, dann Komfort/Innenausbau. Plane in Etappen, damit du Finanzierung, Fördermittel und Handwerkerkapazitäten zusammenbringst.
- Beispiel-Reihenfolge: Sofortmaßnahme (Sicherheit/Feuchte), Dach/Fassade/Fenster, Heizung/Leitungen/Elektrik, Dämmung, Innenausbau, Außenanlagen. In bewohntem Zustand: Bauabschnitte pro Etage/Zone mit klaren Staub- und Logistikkonzepten
Schritt 1: Sicherheits- und Feuchteschutz. Dachabdichtung, lose Ziegel, defekte Elektroinstallation und akute Feuchteschäden zuerst. Schadstoffe fachgerecht sichern und entsorgen.
Schritt 2: Gebäudehülle. Dachsanierung, Fassadeninstandsetzung, Fenster/Türen, Wärmebrücken entschärfen. Immer mit Blick auf spätere Technik (z. B. Durchführungen für Lüftung/Wärmepumpe).
Schritt 3: Technik. Heizung, Elektrik, Sanitär. Plane Vorlauftemperaturen, Zonenregelung und spätere Erweiterbarkeit (PV, Speicher, Wallbox). Lüftungskonzept nicht vergessen (Fensterlüftung, Abluft, KWL).
Schritt 4: Innenausbau. Putz, Estrich, Böden, Trockenbau, Maler. Denke an Schallschutz (Deckenauflagen, Randdämmstreifen), Brandschutz (Leitungsdurchführungen) und Barrierefreiheit (Türbreiten, Schwellen).
Schritt 5: Außenanlagen. Drainagen, Terrassen, Zuwegungen. Erst zum Schluss, wenn Schwerlast durch ist und Setzungen erledigt sind.
Sofortmaßnahmen vs. langfristige Modernisierung
Sofortmaßnahmen sind alles, was Schäden verhindert oder Sicherheit herstellt: Dachleck schließen, Elektrik absichern, Wasserleck stoppen, Hausschwamm abklären. Langfristige Modernisierung folgt Konzept: Effizienzhaus-Pfad, Heizstrategie, Grundriss. Was jetzt nicht geht, wird als „vorsorgliche Vorbereitung“ mitverlegt: Leerrohre, Dämmkanten, Verstärkungen. So vermeidest du doppelte Arbeit und hältst die Gesamtkosten im Griff.
Praxis: Wenn du einziehst, während saniert wird, plane „Inseln der Ruhe“ (fertige Zimmer), lärmfreie Phasen und Staubmanagement (Folien, Unterdruck). Ein sauberer Bauablaufplan mit Meilensteinen (Angebote, Förderzusage, Start, Abnahmen) reduziert Stress und Kosten.
Eigenleistung vs. Handwerker: Chancen und Fallen
Eigenleistung spart Geld und erhält Altbau-Charme, wenn du sauber arbeitest und deine Grenzen kennst. Rechne ehrlich: Deine Zeit, Werkzeugkosten, Nacharbeiten. Und bedenke: Für Fördermittel/ Gewährleistung sind oft Fachunternehmerbescheinigungen notwendig.
- Geeignet für Eigenleistung: Rückbau/Entkernung (ohne Schadstoffe), Maler-/Spachtelarbeiten, Bodenbeläge (außer Parkett schleifen), einfache Trockenbauarbeiten, Innentüren setzen, Garten- und Außenanlagen, Demontagen, Unterstützung beim Materialtransport
Schwierig bis tabu: Elektroverteilungen, Gasinstallation, Hausschwamm-/Asbestsanierung, statische Eingriffe, Abdichtungen an erdberührten Bauteilen. Hier zählt Fachbetrieb plus Dokumentation – auch für Versicherungen und Wiederverkauf.
Profi-Tipp: Vereinbare mit Handwerkern saubere Schnittstellen: Du entkernst, sie übernehmen Installation und Abdichtung, du schließt mit Trockenbau ab. So maximierst du Einsparungen, ohne Qualität zu riskieren.
Übergabe & Einzug
Die Übergabe ist dein Startknopf. Organisiere ein Übergabeprotokoll mit allen Schlüsseln, Zählerständen, übergebenen Unterlagen (Pläne, Rechnungen, Wartungshefte, Prüfprotokolle, Energieausweis). Dokumentiere Zustand der Räume mit Fotos/Videos und notiere Mängel, die zwischen Notartermin und Übergabe entstanden sind.
Plane den Einzug im Takt mit der Sanierung: Erst Sicherung und Hülle, dann Technik, dann Innenausbau in den genutzten Zonen. Räume, die später modernisiert werden, sicherst du bauphysikalisch (z. B. provisorische Abdichtung, funktionsfähige Heizung). Organisiere Baustrom/Heizung frühzeitig, kläre Müllentsorgung (Container), Baustellensicherung und Nachbarschaftsinformation – gute Kommunikation verhindert Ärger.
Protokoll, Zählerstände, Gewährleistungsfristen
Im Protokoll erfasst du alle Zählerstände (Strom, Gas, Wasser, Wärme), Seriennummern von Geräten, Schlüsselanzahl, Hausübergabepunkte (Wasserabsperrung, Sicherungskasten). Lass dir Wartungen und Prüfungen quittieren (Schornsteinfeger, Heizungswartung). Gewährleistung beginnt mit Abnahme der jeweiligen Leistung – also schriftlich abnehmen, Mängel dokumentieren und Fristen setzen. Für Eigenleistungen gibt es keine Gewährleistung – hier zählt Sorgfalt und Fotodokumentation.
Extra-Tipp: Prioritätenmatrix erstellen: Sicherheit, Witterungsschutz, Technik zuerst
Erstelle eine Prioritätenmatrix mit den Spalten Dringlichkeit, Kosten, Nutzen (Energie/Komfort), Risiko (Folgeschäden) und Förderfähigkeit. Ordne jede Maßnahme ein: Dachleck? Dringlichkeit hoch, Risiko hoch – sofort. Fenster? Dringlichkeit mittel, Nutzen hoch – nach Hülle planen. Heizung? Dringlichkeit abhängig vom Zustand, aber durch GEG/Heizungspflicht und Förderung häufig früh sinnvoll.
Diese Matrix hilft dir, Etappenfinanzierung zu strukturieren: Paket 1 (Sicherheit/Feuchte), Paket 2 (Hülle/Technik), Paket 3 (Innenausbau/Komfort). Sie zeigt auch, wo Vorleistungen sinnvoll sind (Leerrohre, Verstärkungen), um später kosteneffizient nachzurüsten. Aktualisiere die Matrix nach jedem Handwerkertermin – so bleibt dein Projekt steuerbar.
Extra-Tipp: Lokales Handwerkernetz nutzen und Materialbörsen prüfen
Gute Handwerker sind Gold wert. Frage in der Nachbarschaft, bei Bauhöfen, Energieberatern und Architekten nach Empfehlungen. Wer Altbau liebt, kennt knifflige Details (Anschluss an Bruchstein, Kalkputz, diffusionsoffene Systeme). Bündle Leistungen sinnvoll (z. B. Dach + Zimmerei + PV) und bitte um einen koordinierten Bauzeitenplan.
Material sparen und Charme bewahren gelingt über Bauteilbörsen, Re-Use-Höfe, Kleinanzeigen und Denkmalbörsen. Hier findest du historische Türen, Beschläge, Dielen, Heizkörper. Prüfe Maße und Qualität, kalkuliere Aufarbeitung (z. B. Tischlerarbeiten) und kombiniere mit moderner Technik (z. B. Dichtungssysteme für Altfenster). So schonst du Budget und Umwelt – und erhältst den Altbau-Charakter.
Extra-Tipp: Checkliste für Internet und Versorgung vor Kauf
Prüfe vor dem Kauf die digitale und technische Versorgung: Ist Glasfaser verfügbar oder geplant? Welche DSL-Speeds sind realistisch? Wie ist die 4G/5G-Abdeckung? Das klärst du über Provider-Verfügbarkeitsabfragen und Karten. Lass dir Anschlusskosten für Strom, Wasser, Abwasser, Gas (falls gewünscht) geben – Neuanschlüsse oder Verlegungen können teuer werden. Prüfe die Wasserhärte und ggf. Trinkwasserqualität (Versorgerdaten).
Fehlen Anschlüsse, frage nach realen Erschließungskosten und Fristen. Plane Baustrom/Bauwasser, wenn Lücken bestehen. Für Wärmepumpen brauchst du ausreichende elektrische Leistung (Hausanschluss/Netzverträglichkeit); PV erfordert Zählerplatz-Reservierung. Mit dieser Checkliste vermeidest du Verzögerungen – und sicherst dir modernen Komfort in historischem Gemäuer.
So gehst du mit System vor: Erst prüfen, dann kalkulieren, klug finanzieren – und entschlossen verhandeln. Mit klaren Prioritäten, einem belastbaren Sanierungsplan und dem richtigen Team wird „Altbau kaufen“ vom Risiko zum Wunschprojekt mit Wert.
