Eigenbedarfskündigung: BGH stärkt Rechte von Vermietern

Eigenbedarfskündigung: BGH stärkt Rechte von Vermietern

Es ist ein heikles Streitthema, das immer wieder aufkommt: Die Eigenbedarfskündigung. Kürzlich stärkte der Bundesgerichtshof (BGH) die Rechte der Vermieter. Ein Urteil des Landgerichts Mannheim vom April 2014 wurde damit aufgehoben. Es besagte, dass eine Kündigung aus Eigenbedarf rechtswidrig sei, wenn der Vermieter seinen späteren Eigenbedarf schon bei Abschluss des Mietvertrags hätte voraussehen können. Der Fall muss nun vom Landgericht neu verhandelt werden.

Die „Unberechenbarkeit der heutigen Jugend“ führte zu dem Urteil

Im konkreten Fall ging es darum, dass ein Vermieter die Zweizimmerwohnung in Mannheim seiner 20-jährigen Tochter zur Verfügung stellen wollte. Aus diesem Grund kündigte er seinen aktuellen Mietern den erst zwei Jahre zuvor unterzeichneten Mietvertrag aus Eigenbedarf. Die junge Frau hatte ein Jahr in Australien verbracht und wünschte sich nun eine eigene Wohnung. Vor dem Aufenthalt im Ausland wohnte die Tochter noch bei ihren Eltern.

Keine gesetzliche Pflicht den späteren Eigenbedarf vorauszusehen

Die Richterin Karin Milger begründete das Urteil mit der „Unberechenbarkeit der heutigen Jugend“. Eine gesetzliche Pflicht, einen späteren Eigenbedarf schon bei dem Abschluss des Mietvertrages vorauszusehen, gebe es nicht. Der BGH erklärte zudem, dass es keinen Rechtsmissbrauch darstelle, wenn der Vermieter einen später folgenden Eigenbedarf zu einem früheren Zeitpunkt noch nicht absehen konnte.

Michael Schultz, der Anwalt des Vermieters, argumentierte dahingehend, dass ein Rechtmissbrauch nur vorliege, wenn ein zu einem späteren Zeitpunkt eintretender Anspruch auf Eigenbedarf bei Abschluss des Vertrages bewusst verschwiegen wurde. Eine reine Fahrlässigkeit genüge jedoch nicht. Zudem stünden Familienangehörige bei der Nutzung von Wohneigentum rechtmäßig höher als aktuelle Mieter.

Der Anwalt des Mieters, Sigfried Mennemeyer, sah das aber anders. Er war der Meinung, dass der Wille einer späteren Eigenbedarfsanmeldung schon beginne, wenn lediglich die Möglichkeit dazu existiere. Ein solcher Wille müsse dem Mieter rechtzeitig mitgeteilt werden. Konnte der Anwalt den Mieter mit dieser Argumentationsstrategie vor dem Landgericht noch schützen, hatte er vor dem BGH damit keinen Erfolg. Daher muss der Fall nun vor dem Landgericht neu verhandelt werden.

Mieter dennoch nicht schutzlos

Der VIII. Zivilsenat des BGH, der für das Mietrecht zuständig ist, betonte, dass Mieter trotzdem nicht schutzlos seien. Sie können das Eigenbedarfsrisiko nach wie vor minimieren, indem für einen bestimmten Zeitraum ein Ausschluss der Eigenbedarfskündigung vereinbart wird.

Der Mieterbund übt scharfe Kritik am Urteil des BGH

Auf scharfe Kritik stößt das Urteil allerdings beim Deutschen Mieterbund (DMB). Er sprach von einer „Aushöhlung des gesetzlichen Kündigungsschutzes“. Der Verbandsdirektor, Lukas Siebenkotten, kritisierte die Entscheidung zudem, weil sie keine Rechtssicherheit schaffe. Das Risiko, nur über einen kurzen Zeitraum in der Wohnung leben zu dürfen, ginge nun einseitig auf den Mieter über.

Bis zu diesem Urteil des BGH galt nämlich ein anderer Grundsatz: Ein Vermieter musste stets bis zu fünf Jahre im Voraus planen. Mieter hatten demnach den Vorteil, dass sie in der Regel nicht schon kurze Zeit nach dem Abschluss eines Mietvertrages schon wieder aus Eigenbedarf gekündigt werden konnten. Mit dem Urteil des BGH wurde dieser Grundsatz nun aufgeweicht, sodass eine Kündigung bereits nach zwei Jahren wieder möglich ist.

Weiterhin gilt: Keine unbegründete Eigenbedarfskündigung möglich

Dennoch stellt das Urteil des BGH keinen Freibrief für Vermieter dar. Auch zukünftig müssen sie sich an einige Regeln halten, wenn sie aus Eigenbedarf kündigen möchten. Ulrich Ropertz vom DMB erklärte, dass es nicht einfach möglich sei, dem Mieter mit einem einzeiligen Brief zu kündigen. Er muss den kompletten Sachverhalt so darstellen, dass der Mieter die Gründe nachvollziehen kann. Während ein Mieter seine Wohnung kündigen kann, ohne überhaupt Gründe zu nennen, muss der Vermieter ein berechtigtes Interesse nachweisen können. Allerdings hat der Vermieter einen verhältnismäßig großen Spielraum, was die Wahl seiner Gründe angeht. Benötigt der Vermieter die Wohnung etwa zur beruflichen Nutzung, dann gilt das nach der Meinung des BGH als zulässiger Grund.

In einem weiteren Fall wurde ebenfalls zugunsten des Vermieters entschieden

Doch nicht nur im Fall der Eigenbedarfskündigung wurden die Rechte der Vermieter gestärkt. Auch in einem weiteren Urteil entschied das BGH kürzlich zugunsten des Vermieters. Hier wurde ein Hartz-IV-Empfänger aus Nordrhein-Westfalen in seine Schranken verwiesen. Er weigerte sich dagegen, aus seiner 140 Quadratmeter großen Wohnung auszuziehen. Die Wohnungskündigung wegen ausbleibender Mietzahlungen wurde jedoch vom höchsten deutschen Gericht für Zivilsachen bestätigt.

Der Mann berief sich auf seine Zahlungsansprüche von den Sozialbehörden, welche eine so große Wohnung mit einer monatlichen Miete von 1100 Euro jedoch nicht akzeptierten. Richterin Milger argumentierte mit dem Satz „Geld hat man zu haben“, denn Mieter haben eine grundsätzliche Zahlungsverpflichtung. Dieser Satz ist zwar nicht im Gesetz verankert, sei allerdings ein allgemeingültiger Satz im Vertragsrecht. Siebenkotten vom DMB kritisierte jedoch auch dieses Urteil, denn ein solcher Satz dürfe so in einem sozialen Mietrecht nicht ohne Einschränkungen gelten. Er bewertete die Entscheidung des BGH als unbefriedigend.

Auch bei Kündigung aus Eigenbedarf gelten die üblichen Fristen

Wenn eine Kündigung aus Eigenbedarf vorliegt, ist der Mieter dennoch durch die normale Kündigungsfrist geschützt. Er muss daher nicht sofort seine Koffer packen und am nächsten Tag ausziehen. Die Kündigungsfristen sind wie folgt gestaltet:

  • Drei Monate Kündigungsfrist bei einer Mietdauer von bis zu fünf Jahren
  • Sechs Monate Kündigungsfrist bei einer Mietdauer von bis zu acht Jahren
  • Neun Monate Kündigungsfrist bei einer Mietdauer von mehr als acht Jahren

Auch bei einer rechtmäßigen Eigenbedarfskündigung haben Mieter daher in der Regel genügend Zeit, um sich nach einer neuen Bleibe umzusehen. Anders könnte es sich im Fall des Hartz-IV-Empfängers aus Nordrhein-Westfalen verhalten: Ausbleibende Mietzahlungen sind nämlich durchaus ein Grund für eine fristlose Kündigung seitens des Vermieters.

Bei Umwandlung in eine Eigentumswohnung gilt eine Sperrzeit

Bei einer Umwandlung einer Mietwohnung in eine Eigentumswohnung gelten weiterhin besondere Sperrzeiten. Leben Mieter also in einer Mietwohnung, die in eine Eigentumswohnung umgewandelt werden soll, können sie zunächst erst einmal beruhigt sein. Eine sogenannte Sperrzeit schützt in diesem Fall vor einer Kündigung. Das bedeutet, dass die Eigentümer drei Jahre lang nicht das Recht haben, einen Eigenbedarf geltend zu machen. Diese Sperrzeit ist abhängig von der Region und kann sich unter Umständen sogar auf bis zu zehn Jahre verlängern. Das gilt vor allem, wenn es in der Umgebung an Wohnfläche mangelt. Für eine verlängerte Sperrzeit muss ein entsprechender Beschluss der Landesregierung vorliegen.

Artikelbild: © corgarashu / Shutterstock


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