Nach Orkantief „Friederike“ Standfestigkeit von Bäumen überprüfen

Nach Orkantief „Friederike“ Standfestigkeit von Bäumen überprüfen

Im Zuge des Klimawandels haben heftige Stürme in den vergangenen Jahren in Deutschland stark zugenommen. Aktuell hat das Orkantief „Friederike“ in vielen Teile Deutschlands Schäden verursacht. Versicherungsexperten raten nun dazu, die Standfestigkeit von Bäumen zu überprüfen. Wird dies nicht durchgeführt, kann dies als eine Verletzung der Versicherungspflicht gelten.

Gartenbesitzer müssen achtsam sein

Stehen Bäume auf dem eigenen Grundstück und ragen in Teilen in den öffentlichen Bereich über, oder stehen sie in Fallweite zu öffentlichen und angrenzenden Grundstücken, muss die sogenannte Verkehrssicherungspflicht besonders beachtet werden.

Kommt es nach einen Sturm dazu, dass ein Baum umfällt oder Äste herabfallen, ohne dass der Besitzer den Baum auf Standfestigkeit überprüft hat, haftet er für Folgeschäden aus eigener Tasche:

  • Sachschäden
  • Personenschäden
  • Schadensersatzforderungen

Darüber hinaus ist es auch ratsam, beschädigte Baumbereiche korrekt zu behandeln. Offene Stellen erlauben es Bakterien oder Pilzen und anderen Parasiten, leichter in den Baum einzudringen. Dies kann den Baum schwächen oder gar zu einem Absterben des Baumes führen.

Verkehrssicherungspflicht: Worauf ist zu achten?

Die Verkehrssicherungspflicht ist in BGB §§ 535, 906 geregelt. Für Baumwuchs auf dem eigenen Grundstück ist dort verzeichnet, dass die Bäume regelmäßig auf ihre Standfestigkeit untersucht werden müssen. Diese Kontrollen müssen allerdings nicht durch einen Fachmann durchgeführt oder beglaubigt werden. Eine Kontrolle in Eigenregie ist absolut ausreichend.

Geht der Besitzer jedoch davon aus, dass die Standfestigkeit des Baumes nicht ausreichend ist, muss ein Fachmann hinzugezogen werden. Dieser kann dann eine Expertenmeinung abgeben, die unter Umständen für die Kostendeckung in einem Versicherungsfall benötigt wird.

Verkehrssicherungpflicht für Bäume in der Praxis

Angenommen, auf einem Grundstück befindet sich eine Eiche, die dort bereits seit rund 150 Jahren wächst. Ein heftiger Sturm der Windstärke 12 reißt Teile des Baums oder gar den ganzen Baum aus und verursacht auf dem angrenzenden Grundstück Schäden. Die Kostenübernahme muss nun durch einen Gerichtsentscheid geregelt werden.

Als Erstes muss geklärt werden, ob eine Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht vorliegt. Der Gesetzgeber hat dazu bereits folgendes Urteil gefällt:

BGH, Urteil v. 16.5.2006, VI ZR 189/05 betr. Sicherheitsglas an Innentüren; Urteil v. 2.10.2012, VI ZR 311/11 betr. Baumschäden – Der Grundstückseigentümer muss das Grundstück auf Gefahrenquellen überprüfen. Sind Gefahrenquellen vorhanden, muss er Maßnahmen ergreifen, um andere Menschen vor diesen zu bewahren. Die Maßnahmen müssen nach den Gesamtumständen objektiv erforderlich und zumutbar sein.

Es ist hilfreich, die individuellen Grundstücksüberprüfungen zu dokumentieren. Am besten Fotografien mit Zeitangaben verwenden, um damit den Vorgang nachweisen zu können. Schriftlich festhalten, in welchem Zustand sich die einzelnen Bereiche befinden.

Die Verkehrssicherungspflicht verlangt nicht, dass für jeden möglichen Schaden alle denkbaren Vorkehrungen getroffen werden. Es geht lediglich darum, vor zu erwartenden Sicherheitsrisiken zu schützen:

  • Herabfallende Äste
  • Umfallender Baum
  • Abgesplitterte Rinden

Wie wird der Baum auf Standfestigkeit überprüft?

Um für den genannten Fall zu definieren, ob die Verkehrssicherungspflicht eingehalten wurde, müssen folgende Maßnahmen nachgewiesen werden:

  • Baum wurde in regelmäßigen Abständen kontrolliert – durch den Besitzer, eine vertrauenswürdige Zweitperson oder einen Fachmann.
  • Es wurde ein Fachmann mit der Begutachtung der Standfestigkeit beauftragt, nachdem der Besitzer sich nicht sicher war, ob der Baum eine Gefahrenquelledarstellt. Dies gilt auch für sehr alte Bäume.
  • Wurden diese Schritte durchgeführt, kann der Nachbar keinen Schadensersatz durch den Grundstücksbesitzer verlangen. Denn dieser hat seine gesetzlich vorgeschriebene Versicherungspflicht eingehalten.

Wann gilt ein Ausgleichsanspruch aus dem Nachbarrecht?

Für die Bestimmung der Kostendeckung wird auch der sogenannte verschuldensunabhängige nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch nach § 906 BGB betrachtet. Um einen solchen Anspruch geltend machen zu können, müssen ein paar Dinge eintreffen.

Von einem Grundstück, das sich in privatwirtschaftlicher Nutzung befindet, gingen Einwirkungen aus, die ein anderes Grundstück betreffen. Diese Einwirkung, in diesem Fall also die umgefallene Eiche, muss das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen. Es muss außerdem gegeben sein, dass die betroffene Partei nicht in der Lage ist, diese Einwirkung selber abzuwehren (BGH, Urteil v. 17.9.2004, V ZR 230/03).

Wurde die Einwirkung durch ein Naturereignis hervorgerufen, sind weitere Faktoren zu beachten. War die Einwirkung aufgrund einer unterlassenen Verkehrssicherungspflicht möglich, muss der Grundstücksbesitzer für die verursachten Sachschäden aufkommen.

War der Baum also nach der Inspektion durch den Grundstücksbesitzer standfest, und ein starker Sturm reißt den Baum dennoch um, trägt der Grundstücksbesitzer keine Schuld und muss somit nicht für Sachschäden haften. Es ist daher ratsam, einen umfassenden Versicherungsschutz gegen Risiken wie Sturmschäden oder Schneelast und Erdrutsch abzuschließen. So ist man im Ernstfall finanziell abgesichert.

Zusammenfassung

Als Grundstücksbesitzer ist eine regelmäßige Überprüfung auf mögliche Gefahrenquellen notwendig. Im Zweifelsfall immer einen Fachmann zu Rate ziehen. Eine umfassende Dokumentation der Prüfungen ist hilfreich, muss man sich vor Gericht verantworten. Wird die Verkehrssicherungspflicht verletzt, kann diese hohe Kosten zur Folge haben. Nicht nur Sach- und Personenschäden kommen hier zum Tragen. Im schlimmsten Fall auch Rehabilitationskosten, Schmerzensgeld oder lebenslange Rentenzahlungen.

Artikelbild: watcharapol / Bigstock.com


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