Haus mit Ökogas heizen: Wirklich ein Segen für die Umwelt?

Haus mit Ökogas heizen: Wirklich ein Segen für die Umwelt?

In Deutschland befinden sich rund neun Millionen Gasheizungen in Betrieb[1]. Gas ist neben Öl die wichtigste Ressource zur Erzeugung von Raumwärme. Fast jede zweite Heizung (45,4 Prozent) wird mit Gas betrieben und jede Vierte (25,2 Prozent) mit Öl[2]. Deutsche Haushalte kommen in den Wintermonaten ohne erzeugte Wärme nicht aus. Doch der schlechte Umgang mit endlichen Ressourcen wird seit Jahren kritisiert. Aus diesem Grund haben Gasanbieter alternative Tarife entwickelt, die die Umwelt entlasten sollen. Leisten Verbraucher, die einen Ökogastarif nutzen, tatsächlich einen Beitrag zum Umweltschutz?

Die Kosten für Erdgas in Deutschland

Laut dem Statistischen Bundesamt[3] stammt das deutsche Erdgasaufkommen zu 89 Prozent aus Importen, überwiegend aus Russland (36 Prozent), Norwegen (30 Prozent) und der Niederlande (20 Prozent). Damit das Erdgas bei deutschen Endverbrauchern ankommt, realisieren Weiterverteiler den Gastransport über Fernleitungssysteme. Durch diese Verteilung entstehen zahlreiche Kosten, die im Endpreis widergespiegelt wird. Der von Endverbrauchern zu zahlende Gaspreis besteht aus folgenden Bestandteilen:

  • Importpreis
  • Kosten für Transport
  • Gewinnmargen
  • Vertriebskosten
  • Erdgassteuer

Zu den Kosten wird die Mehrwertsteuer addiert, die jeder Verbraucher zahlen muss. Seit 2010 ist der Index der Verbraucherpreise von 100 auf 110,7 Punkte in Jahr 2015 gestiegen. Die Preise waren im Vergleich zu den Jahren 2013 (111,7) und 2014 (111,9) etwas niedriger.

Die Zusammensetzung der Erdgaskosten demonstriert das zentrale Problem in Deutschland: Der Großteil des Erdgases stammt aus dem Ausland. Er muss über hunderte Kilometer nach Deutschland gebracht werden, was eine Belastung für die Umwelt ist.

Umstieg auf Ökogas ist kein großer Aufwand

Im Bereich der Stromversorgung ist die Nutzung eines Ökostromtarifs weitestgehend verbreitet. Im Bereich Gas zeigen sich Verbraucher noch zurückhaltend, wenn es darum geht, den Tarif zu wechseln. Dabei ist der Umstieg auf Ökogas mit keinem großen Aufwand verbunden.

Problematisch ist eher das Angebot an Tarifen, die mit ihren Bezeichnungen Kunden verwirren. Ökogas ist in Theorie Methan, also aus chemischer Sicht derselbe Stoff wie Erdgas. Bei einigen Tarifen ist Ökogas jedoch simples Erdgas. Der Ökotarif entsteht dadurch, dass der Anbieter die Investition in Umweltprojekte garantiert. An diesen Investitionen ist nichts auszusetzen, jedoch wäre es wünschenswert, dass die Bedeutung der Tarife genauer erläutert wird.

Das Angebot LichtBlick-Ökogas zeigt, dass nicht jeder Tarif für Verwirrung sorgen muss. Der Ökogasanbieter informiert auf seiner Seite über die Preiszusammensetzung und wie er für Umweltschutz sorgt: LichtBlick schützt für jeden Kunden monatlich einen Quadratmeter Regenwald in Ecuador. Zudem besteht beträgt der Biogasanteil im Schnitt fünf Prozent.

Für den Kunden entstehen keine Mehrkosten, wenn sie einen solchen Ökogastarif nutzen. Im Gegenteil: Wer aus der Grundversorgung wechselt, spart mehrere hundert Euro pro Jahr.

Wenn überschüssiger Windstrom zu Gas wird

Abseits klassischer Biogasvarianten gibt es weniger konventionelle Produkte, die deutsche Gaskunden nutzen können. In Deutschland wird jedes Jahr Windstrom in großen Mengen produziert, ohne zu einhundert Prozent genutzt zu werden. Für dieses Problem gibt es eine ökologische Lösung: Aus dem Windstrom wird Gas produziert, indem durch Elektrolyse Wasserstoff gewonnen wird. Der Wasserstoff wiederum wird teilweise ins Erdgasnetz eingespeist.

Das Windgaskonzept ist keine Neuheit. Es stammt aus dem 19. Jahrhundert, als Professor Nollet den Vorschlag gemacht haben soll. Die Umsetzung fand erst 1895 statt: Poul la Cour nahm eine Windkraftanlage mit Elektrolyseur in Betrieb. Diese lieferte Knallgas, mit der er die Beleuchtung einer Schule mit Strom versorgte.

Für Experten ist Windgas eine Notwendigkeit für die Energiewende. Energie aus Wind würde ohne das Konzept ungebraucht bleiben. Zwar ist die Technik für die Konvertierung von Windkraft zu Gas mit einer Investition verbunden, diese würde sich innerhalb weniger Jahre amortisieren. Einer Studie von Michael Sterner von der Technischen Hochschule Regensburg zufolge würde die Bundesrepublik mithilfe von Windgas bis zum Jahr 2050 zwölf bis 18 Milliarden Euro bei der Energiewende sparen[4].

In Ökobiogas steckt ein ungenutztes Potenzial

Ökobiogas besitzt einen geringen Anteil am Biogasmarkt. Für dieses Gas werden Rohstoffe aus dem Ökolandbau verwendet. Das Institut für Biogas, Kreislaufwirtschaft und Energie hat am 30. September 2015 eine Präsentation publiziert (PDF), die das Potenzial der Biogasaufbereitung auf Erdgasqualität aus
Reststoff‐Biogas verdeutlicht. Demnach werden heute Bioabfälle nicht in ausreichender Menge zu Biomethan konvertiert, obwohl es ein flexibles Produkt ist, welches leicht gelagert und kostengünstig konvertiert werden kann. Das Potenzial steckt insbesondere bei Kommunen. Sie müssen dazu animiert werden, ihren Bioabfall systematisch zu nutzen.

Für Deutschland ist die Nutzung von Biomethan besonders wichtig, weil die Bundesrepublik dadurch Erdgasimporte substituieren könnte. Die hohe Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas ist problematisch, wenn es zu einem Boykott kommen würde, wie ein interner Bericht des Wirtschaftsministeriums zeigt. Deutschland, seine Einwohner und die Umwelt profitieren von der steigenden Nutzung von Biogas.


  1. Quelle: Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks
  2. Quelle: AGEB
  3. Daten zur Energiepreisentwicklung – Lange Reihen von Januar 2000 bis Dezember 2015
  4. Bedeutung und Notwendigkeit von Windgas für die Energiewende in Deutschland, Seite 9

Artikelbild: © bolsher / Shutterstock


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